Gefühlsstarke Kinder

[sonja32]

@sonja32: ich erkenne uns in deinen Worten wieder: autonom und willensstark. Wenn das Kind etwas nicht will, ist man so machtlos.

Wenn ich ich es richtig in Erinnerung habe, ist deine Eisprinzessin HB und AD(H)S. Dies wäre bei unserem autonomen und willensstarken Kind auch der Fall.

Darf ich Fragen, was du heute bei totaler Verweigerung empfehlen würdest?

Also, so einfach ist das nicht, ev. warten bis sich alles etwas beruhigt hat, dann darüber sprechen...ab einem gewissen alter half auch humor um das ganze zu entschärfen. oder ich habe den raum verlassen. bei uns waren die hausaufgaben auch so kräfte raubend. da ging dann nichts mehr. bei wutanfällen ging sie später auch aufs zimmer und tobte dort weiter.

[sonja32]

Mir hilft einerseits ebenfalls, mich mit Leuten mit ähnlichen Herausforderungen auszutauschen, aber auch mein Mann. Er sieht einiges manchmal so unglaublich pragmatisch, das ist zwar fast nervig , aber auch hilfreich. Auch das Gefühl, dass man sich einig ist, macht es einfacher, mit Meinungen anderer umzugehen.

so einen mann habe ich mir gewünscht. . Mein Vater ist so. Mein Ex hat das ganze weiter raufgeschaukelt.

in psychologischer behandlung war ich auch jahrelang. ich hatte zb. keine freundin, der ich mich anvertraute. klar ich hatte Freundinnen mit ähnlichen kindern...aber zb. über ADHS haben wir nie geredet. Eine Freundin habe ich, die total gegen Medikamente war, aber mit der Tochter auch grosse Probleme hatte (eher im bereich konzentration). Jahre später als beide Töchter schon fast erwachsen waren, hat sie mir gesagt, dass das ein Fehler war und xy jetzt abgeklärt sei und ADS habe und Medikamente bekomme und so auch die Abschlussprüfung geschafft habe.

und ja: die guten seiten sehen, unbedingt...das hilft mir natürlich jetzt sehr in meinem job mit kindern, ich fokussiere mich auf die guten Seiten...aber ich konnte das nicht immer bei meinen kindern, wenn alles so schwierig und anstrengend war und ich so alleine. zb. habe ich zu meiner tochter gesagt: kein wunder findest du keine freunde, so wie du bist...das war halt Hilflosigkeit...sie hat mir das vor einiger zeit vorgeworfen und ich habe mich bei ihr entschuldigt. .

[sonja32]

Alles Gute jedenfalls!

Mein Sohn scheint übrigens gemerkt zu haben, dass ich heute beim Schreiben dachte "geht doch gerade ganz gut" - nach einem gemütlichen Nachhauseweg zu Hause der totale Meltdown, weil der Fahrstuhl zu schnell war und ich der Grossen ein Stück von "seinem" Kuchen gegeben habe, er packte mal wieder seine Sachen und verließ die Wohnung, eine neue Familie suchen. Uff. Immer, wenn ich denke, es wird besser, kommt so eine Aktion mitten aus dem Nichts...

das kenne ich auch...

[annegretli74]

Ja, das haben wir auch immer wieder. Einmal hat er tatsächlich das Haus mit gepacktem Rucksack verlassen. Einige Stunden später kam er aber kommentarlos und wieder zufrieden zurück. Er konnte mit seinem besten Freund spielen und es war wieder okay

Humor hilft teilweise, aber auch nicht immer. Am besten geht immer noch abwarten, bis er ein bisschen runter gefahren ist und dann zuhören. Da die meisten Wutanfälle momentan mit der Schule und "sinnlosen" Hausaufgaben zusammenhängen, habe ich Kontakt mit der Schulsozialarbeiterin aufgenommen. Und siehe da - mein Kind ist überhaupt nicht der einzige, der so tickt. Ich fühle mich endlich mal verstanden und das hilft mir sehr. Leider ist es eben auch so, dass mein Sohn Missstimmung bei meinem Mann und mir sofort aufnimmt und dann meist auch seine Emotionen in den Keller rauschen....

[Mialania]

Mein Mann ist eben Choleriker und der kämpft mit sich selber, um nicht auszuticken. Der kann genau gleich von alles ist gut zu alles ist kacke wechseln. Einerseits sagt er mir, ist doch egal, wir haben Kinder und wenn es mir dann egal ist, weil wir eben Kinder haben, muss es nach ihm anders laufen/aussehen.

Und mir kommt das auch bekannt vor. Alles läuft toll und ich denke "yes, Fortschritte gemacht, so schön, unbedingt geniessen" und dann passiert irgendetwas und die ganze Situation eskaliert. Teilweise nicht mal den Trigger mitbekommen.

Im Moment versuchen wir die stille Treppe. Eieruhr ging schon am ersten Abend kaputt. Spannenderweise bleibt er tatsächlich meist sitzen. Bin mir nicht sicher, ob er es versteht - ich glaube irgendwie nicht.

[annegretli74]

Von der stillen Treppe sind wir wieder weggekommen. Die Idee dahinter wäre ja, dass Kind lernt, seine Emotionen schneller und besser unter Kontrolle zu bringen. Bei meinem Sohn etablierte sich eher das Gefühl: jetzt stellen sie mich einfach weg und niemand versteht mich (hat mich lieb).
Viel erfolgreicher sind wir tatsächlich damit, dass Sohn über seine Gefühle reden kann und wir zwar diskutieren, aber nicht verurteilen. Also Verständnis zeigen, zuhören, darüber reden wie es das nächste Mal vielleicht besser klappen kann. Wenn ich aber richtig zurückdenke, ist dein Sohn nicht in der Lage zu einem richtigen Gespräch. Trotzdem könntest du versuchen, ihm dein Verständnis entgegen zu bringen. Und ja ich weiss, das ist zum Teil extrem schwierig.

[Mialania]

Ich brauche die stille Treppe im Moment als die Situation auseinander zu nehmen, weil einer den anderen wieder gehauen hat. (oder sonst was passiert ist, das nicht okay ist.) Und dann geh ich hin und erkläre die Situation und den Grund und er bekommt einen Kuss und/oder eine Umarmung und er kann wieder spielen oder was auch immer.
Ein Gespräch würde ich wahnsinnig gerne mal mit ihm führen, aber er lernt einzelne Worte unglaublich langsam, da ist der Zweijährige schon ihn am Überholen.

[Netterl]

stille Treppe könnte aber für das Kind auch positive Auszeit bedeuten: keine Emotionen, keine/weniger Geräusche/ keine soziale Interaktion etc.
Das weiß man leider nicht von außen her.

[Mialania]

Er hält sich manchmal die Ohren zu, wenn zu viel Lärm ist. Also, Gerede und so. Oder wenn jemand singt. Das mag er meist nicht so. Hab ihm auch schon einen Pamir gekauft, den er manchmal trägt. Kann es nicht ganz einschätzen.

[sonrie]

Stille Treppe? Ich dachte das wäre mit der Nanny-Sendung auf RTL irgendwann ausgestorben. Das hat für mich nichts mit einer Auszeit zu tun (Stille, für sich sein, alleine sein können, sich sortieren), da nicht selber entschieden. Am Ende ist es eine Bestrafung, früher wars ein "in die Ecke stellen". Es muss sich auf Anweisung eines anderen aufgrund eines "Fehlverhaltens" irgendwohin setzen. Nicht falsch verstehen, ich finde es gut, wenn Kinder sich eine Auszeit nehmen können von Lärm,Stimmen, zuviel Trubel, zuviel sozialer Interaktion etc. aber dann entweder freiwillig oder aber MIT dem Kind.

Ich hab meinen Sohn früher oftmals "in Sicherheit gebracht" wenn ich gemerkt habe, dass es zuviel für ihn ist - also hab ihn aus dem Geschehen raus genommen und bin mit ihm in ein anderes Zimmer (geht natürlich nicht immer).


@Mialania: mal ehrlich: bleibt er dann da sitzen bis du ihn holen kommst? Er akzeptiert das?

[Mialania]

Ja, er blieb tatsächlich sitzen. Ich war sehr überrascht und hatte es nicht erwartet. Er muss ja auch nicht ewig dort sitzen, aber eben bis man ihn wieder holt.
Mir gibt es Zeit, zwei Kampfhähne zu trennen, mich um das "Opfer" zu kümmern, warten bis der "Täter" sich beruhigt hat, um ihm dann zu erklären, warum ich ihn dort hingesetzt habe.

Solange sie schreien, bekommen sie von meinem Blabla ja eh nichts mit.

Ich bin ehrlich gesagt noch am Herausfinden, was ich tun soll. Im Moment ist bei uns nur Streit. Heute hat der Grosse dem Kleinen den Lastwagenanhänger volle Breitseite an den Kopf gehauen. Ist aber das Geburtstagsgeschenk des Kleinen. Ich kann mich ja nicht zweiteilen und aktuell ist da noch ein Baby dabei.

Habt Ihr denn da eine gute Patentlösung? Ich versuche das meist schon vorher abzufangen, aber aktuell sitze ich wie ein Schiedsrichter dabei und sorge für Recht und Ordnung. Dazwischen muss ich zwischendurch leider aufs Klo oder Haushalt machen, wie etwas zu Essen machen und wieder aufräumen oder so. Immer nur raus und weg bekomme ich nicht hin.

[sonrie]

Also Kinder auseinandernehmen wenn sie sich verklopfen und einer hierhin und der andere dahin - das mach ich schon auch. Schlichtweg um sie davon abzuhalten sich weiter an die Gurgel zu gehen. Ging mir mehr um den Unterschied von "Auszeit" zu "Bestrafung".

Ich fand die Zeit mit 3 Kleinkindern auch sehr anstrengend eben WEIL man keine Minute wegschauen kann - Patentlösung hab ich dir keine, aber ich weiss noch, dass ich in dieser zeit wirklich wenig gehaushaltet habe, hatte schlichtweg keine/weniger Priorität, das haben wir dann am Abend/Wochenende gemeinsam gemacht (oder halt einer Kinder, einer sonstwas). Geholfen hat auch, wenn die Grosse mit irgendwas alleine beschäftigt war (malen oder so) - aber sie war damals erst 2 als ich die beiden Jungs bekam, das ist eine etwas andere situation als bei dir.

[Mialania]

Ich weiss nicht, ob das für ihn eine Unterschied macht. Grundsätzlich muss auch der kleine Bruder auf die Treppe, falls er ihn halt beisst oder was auch immer.

Bei mir bleibt im Moment echt viel liegen. Küche sieht teilweise aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen und im unteren Stock liegt auch genug Erde auf dem Fussboden verteilt, weil der Kleine mit den Schuhen voller Erde einen Rundgang macht oder den Fussabtreter als Decke braucht und sich dann mit dem Grossen streitet, wo sie denn hin gehört.
Den Grossen lasse ich manchmal einfach eine Rolle Malerklebeband verschwenden, weil ich da einfach mal kurz Ruhe habe - oder sie halbwegs zu zweit sich vertörlen können. Habe es schon versucht aufzurechnen, was mich das kostet, weil alles andere, wie eben Malen, Perlenkette aufziehen, Dino Kratz Bilder etc. funktioniert nicht, weil ich da zwingend mitmachen muss.

[sonja32]

@Mialania: pass auf dich auf. das ist absolute schwerstarbeit die du leistest. ich war schon überfordert mit 2 kleinen kindern...
wir sind in ein haus gezogen als meine kinder 2 und 5 waren. nach einem halben jahr, hatte ich einen schlimmen Burnout.
zuviel adrenalin in mir drinn.
wie ich schon schrieb, arbeite ich jetzt in einem hort und da hats auch geschwister die sich mal streiten oder so, aber dies ist kein vergleich mit meinen 2. meist ist es im hort ziemlich ruhig...alle spielen oder basteln irgendwas, man muss nicht die ganze zeit aufpassen, dass nichts passiert.

[Joeyita]

Ich habe auch eher Mühe mit der Idee der stillen Treppe, habe es aber selber noch nie versucht, weil ich es erstens nicht über mich bringe und zweitens mir nicht vorstellen kann, dass mein Sohn dort dann einfach sitzen bleiben würde. Aber so wie du's beschreibst, ist es ja nicht ganz unbegleitet und ich finde es schön, dass du ihn danach in den Arm nimmst.

Wenn mein Sohn grob wird (und das kommt auch mit 7 Jahren leider noch oft vor), dann fühlt er sich ja offensichtlich nicht gehört / ungerecht behandelt / seine Grenze wurde übergangen oder was auch immer. Er fühlt sich auch schon drangsaliert, wenn man ihn aus der Situation rausnimmt und wehrt sich dann mit Händen und Füssen...

Apropos Katia Saalfrank: ich mag ihren Podcast. Kennt ihr das "Eisberg-Konzept" von ihr? Das finde ich wirklich gut. Es geht darum, dass das (störende) Verhalten des Kindes nur die Spitze des Eisbergs ist und darunter immer ein ungestilltes Bedürfnis liegt (Autonomie, Sicherheit beispielsweise) und dass es darum geht, dies herauszufinden. Leuchtet mir absolut ein, aber finde es dennoch oft soooo schwierig.

[Netterl]

Ich denke, mialanias Ältester ist in manchem Euren Kindern ähnlich und in manchem nicht. Stille Treppe sehe ich allgemein auch eher kritisch, aber in diesem speziellen Fall könnte es passend sein.

[Mialania]

Ah man, vergessen Klebband zu kaufen
Ja, auf mich aufpassen... Ich versuche es. Scheinbar darf ich mein Diabetesmedikament absetzen, muss aber im Dezember zum HbA1c messen antraben. Bluthochdruck Medis habe ich halbiert und etwa den gleich schlechten Messwert.mal schauen. Das Pumpstillen konnte ich auch beenden und auf Vollstillen wechseln. Zwar noch noch schmerzhaft, aber erleichtert mir gerade das Leben.

Mein Sohn hat meist so einen Anfall, wenn es nicht nach seinem Kopf läuft. Ist eigentlich ganz einfach. Er will das Spielzeug oder was auch immer haben, Punkt. Er will diesen Weg gehen, fertig. Er will jetzt stundenlang TV schauen oder Chips essen etc. Wir versuchen ihm das zu erklären, also, gehört halt xy oder er muss dann halt alles wieder hoch laufen oder es wird zeitlich/mengenmässig beschränkt etc. Drama gibt es dann trotzdem.

Ich habe so gar keine Idee, wie ich dann den Eisberg erkennen soll...

[Joeyita]

ich glaube oft ist es wohl ein Bedürfnis nach Autonomie. Er will selber bestimmen, wie lange TV, was essen etc. Aber ist natürlich schwierig einzuschätzen, vor allem wenn allenfalls noch die Komponente ASS oder so mitspielt.

[sonja32]

Habe auch immer nach Gründen gesucht, es gab sie sicher ab und zu, aber manchmal war es halt einfach ohne Grund.
Bei ADHS zb. ist es nie genug, nie..da kannst du machen was du willst. auch mit wirklich viel Verständnis ist es noch nicht genug.
und gewisse sachen darf man halt nicht machen, und man muss hausaufgaben machen, etc.
auch Überreiztheit ist ein grosses thema.
Autonomie ist schön und gut, aber es hat eben auch Grenzen. man kan halt im winter bei minusgraden nicht mit sandalen und rock in die schule..so als beispiel. ich verstehe durchaus dass du dir gedanken machst @Joeyita...ich kenne das von mir...

super @Mialania dass das mit dem Stillen jetzt klappt. Wie alt ist das Baby eigentlich?

[Joeyita]

Super Mialania dass es nun mit dem Stillen klappt! Das ist definitiv eine Erleichterung. ich hoffe, dass auch die Schmerzen noch verschwinden, kenne das auch sehr gut vom ersten Kind...

@sonia: Ja, das nie genug kenne ich. Das Gefühl, egal wie sehr ich mich bemühe, ich kann es ihm doch nicht recht machen. Das ist sehr zermürbend, vor allem weil ich jemand bin, die immer gern nach Lösungen sucht...