Überempfindliches Schmerzempfinden

Unsere grossen Kleinen und unsere kleinen Grossen. Was uns in diesem Abschnitt der Kinder begleitet, beschäftigt und interessiert.

Moderator: conny85

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schlumpfmuus
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Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von schlumpfmuus »

Sali zäme

Mich nimmt es wunder ob jemand auch so ein Kind hat, resp wie Ihr damit umgeht?

Mein Sohn (9) war eigentlich schon immer so das er bei Schmerzen sehr oft "übertrieben" hat. Egal ob Schürfung, Wespenstich; es wird immer am Anfang geschrien als ob der Arm gebrochen ist. Ich hab das jeweils als "er ist ja noch sehr jung; das lernt er dann noch" angesehen.

Nun aber diese Woche folgende Situation: er stürzt beim Rollschuhfahren. Er hatte: kleinere Schürfungen an der Hand & Ellbogen sowie eine Schürfung an der Lippe welche dann auch etwas geblutet hat. Seine Reaktion jedoch; er schreit sehr laut / Mami, mein Herz! / kann nicht mehr aufstehen.
Ich hab Ihn dann versucht zuerst mal zu beruhigen. In seiner Vorstellung hatte er ein "Loch" im Bauch und das halbe Gesicht aufgerissen/am bluten (das nur die Lippe geschürft ist hat er erst geglaubt als er sich im Spiegel gesehen hat).

Ich empfinde es als sehr schwierig damit umzugehen. Möchte ich doch seine Angst respektieren und nicht herunterspielen "a la etz due nöd so schwierig" da es für Ihn ein echtes Problem zu sein schein.
Trotzdem wäre es schön er würde irgendwie lernen das Schmerzen von 1-10 nicht immer nur die 10 sind (und mir jedes Mal Angst einjagen....)

Wie ist das bei euren Kids? Wächst sich das einfach noch raus?
Evtl eine Idee wie ich ihm da helfen kann "sich selber besser zu spüren"?
Pfusmus 2012 & Musmeite 2016

Nisi81
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von Nisi81 »

Hallo Schlumfmuus

habe keine Kinder die so extrem reagieren.
Aber reagiert er dann nach so einem Sturz auch hinterher so schmerzempfindlich? Also zB ein paar Stunden später, wie geht er da mit den Schürfungen um? Hat er dann noch immer solche Schmerzen oder ist es dann wie "vergessen"?

Ich habe für meine Kids seit Jahren eine "Schmerzskala" mit 1-10. Diese habe ich via Google gefunden und ausgedruckt. Oft haben sie noch Smilies dabei für Kinder. Anhand dieser Skala frage ich dann die Kinder wie schlimm die Schmerzen sind....
Mittlerweile können sie es sehr gut einschätzen auch ohne Skala. Sie haben damit so ein bisschen ein Gspüri bekommen bezüglich Schmerzen.

conny85
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von conny85 »

Mein Grosser ist auch so einer. Er schreit als würde er umgebracht. Was bei uns hilft ist die Frage, ob wir dringend ins Spital müssen. Dann findet er meistens nein ist nicht so schlimm. Was leider gar nicht hilft ist mein Mann der das auch nicht versteht und meist den Spruch bringt „tue nöd immer so“ dann wirds meist noch schlimmer.
Mein kleiner Bruder war übrigens auch so bzw noch schlimmer, der hat immer übertrieben wenns was kleines nicht so schlimmes war. War es aber mal tatsächlich schlimm fand er meistens ach nicht so schlimm (er ging 3 Monate mit gebrochener Hand arbeiten als Logistiker)

5erpack
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von 5erpack »

Wie reagierst du denn wenn er sich verletzt?
Bei uns hilft sachlich an die Sache Tangenten, ohne grosse Emotionen etc.
Wie halt Ärzte und Pflegepersonal.
Ich schaue mir die Verletzung an, ohne was zu sagen, desinfiziere und so weiter und wenn’s dann fertig ist, frag ich kurz : geht’s jetzt?
Hat bei uns den Wind kräftig aus den Segel genommen.
Ich lasse mich also nicht aufs Gezeter und mordio ein, sondern schaue nur wie schwer die Verletzung ist.

Mein jüngster kann nämlich aus einem Mückenstich einen wortwörtlichen Elefanten machen.
Seid ich so reagiere ist es viel besser geworden.
wenn ich wieder einmal Vorurteile habe, mache ich die Augen zu und denke mit meinem Herzen ♥️

schlumpfmuus
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von schlumpfmuus »

Vielen Dank für eure Rückmeldungen!

Nisi81
Nein, später kann er dann jeweils die Schmerzen wieder "richtig" einordnen. Es ist einfach im Moment, da "spürt" er sich irgendwie einfach üüüberhaupt nicht. Bei meiner Tochter würde das mit so einer Skala klappen - beim Sohn jedoch wäre das im Moment immer eine 10 :wink:

conny85
oh ja - ich frag dann manchmal obs die Rega braucht. Wurde dann aber noch nie verlangt :D

5erpack
Ich bin nicht die Mami die gleich losrennt wenn das Kind hinfliegt. Ich warte schon jeweils ab obs wirklich nötig ist hinzugehen. Nur schreit er halt dann so laut/fest das man meinen könnte er hätte sich etwas gebrochen und das kann ich ja dann nicht weg-ignorieren. Versuche jeweils schon rational zu sein; zusammen mit ihm schauen was den nun wirklich passiert ist etc.
Pfusmus 2012 & Musmeite 2016

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Papa68
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von Papa68 »

Ich denke, es ist die Angst, dass etwas schlimmes passiert ist.
Meine Jüngste lässt nie jemanden nachsehen, wenn sie hingefallen ist. Es könnte ja schlimm sein. Lieber nicht hinsehen, als etwas schlimmes sehen.
Bei uns hilft in den Arm nehmen, trösten. Und wenn der Schreck vorbei ist, dann geht es meist auch mit nachsehen. Wenn ich sofort auf eine Verletzung reagieren muss wie einmal bei einer Platzwunde an der Stirn (da war wirklich alles voll Blut, das Kind, ich, Kleidung, der Boden🙀), dann geht das nur unter massivem Protest.
SCHWEIGEN IST GOLD.
ES SEI DENN, DU HAST KINDER. DANN IST SCHWEIGEN VERDÄCHTIG!

Laila1980
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von Laila1980 »

Meine 16 jährige ist heute noch so... keiner darf es sich anschauen und es wird hysterisch gebrüllt

frausteiner
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von frausteiner »

Könnte es sein, dass diese „schmerzempfindlichen“ Kinder halt sensibler sind als andere Kinder? Wenn er sich vorstellt, ein Loch im Bauch zu haben ist es wahrscheinlich, dass er seinen Körper anders erlebt und viel stärker auf sensorische Reize reagiert. Zudem wird er von starken Bildern überflutet. Dann kannst du nichts anderes machen, als ihn beruhigen. Er braucht noch deine Hilfe, um sich zu regulieren in diesem Moment. Ist er sonst auch sehr sensibel?
Ich finde, du machst alles schon richtig. Er wird deine Reaktion irgendwann verinnerlichen und sich selbst beruhigen können.

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AnnaMama
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von AnnaMama »

Unsere Ältester war/ist auch sehr schmerzempfindlich. Er ist auch in anderen Bereichen viel sensibler als seine Geschwister (Gerüche, Geräusche und auch im emotionalen Bereich).
Ich bin überzeugt, dass er Schmerz tatsächlich stärker wahrnimmt als andere Menschen. Er reagiert jetzt mit 17 Jahren nicht mehr so stark wie noch vor ein paar Jahren. Eine Zeit lang fragten wir ihn auch ob wir die Rega kommen lassen müssen :wink: .

Letzten Sommer hatte er Probleme mit seinem Herzen. Er achtete die ganze Zeit auf kleinste Unregelmässigkeiten und hatte schlussendlich auch Angst vor den Symptomen. Nachdem alles abgecheckt wurde und die Ärzte nichts fanden war er beruhigt. Mein Mann ist auch so. Er achtet sich viel mehr auf körperliche Unregelmässigkeiten als ich ... ich würde wohl eher zu spät zu einem Arzt gehen, er in meinen Augen sehr früh.

Ich reagiere sehr ruhig wenn sich ein Kind verletzt, an dem kann es bei uns definitv nicht liegen.

conny85
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von conny85 »

frausteiner hat geschrieben: Fr 13. Aug 2021, 21:41 Könnte es sein, dass diese „schmerzempfindlichen“ Kinder halt sensibler sind als andere Kinder? Wenn er sich vorstellt, ein Loch im Bauch zu haben ist es wahrscheinlich, dass er seinen Körper anders erlebt und viel stärker auf sensorische Reize reagiert. Zudem wird er von starken Bildern überflutet. Dann kannst du nichts anderes machen, als ihn beruhigen. Er braucht noch deine Hilfe, um sich zu regulieren in diesem Moment. Ist er sonst auch sehr sensibel?
Ich finde, du machst alles schon richtig. Er wird deine Reaktion irgendwann verinnerlichen und sich selbst beruhigen können.
Ja das stimmt. Meiner ist schon fast hochsensibel.

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AnnaMama
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von AnnaMama »

Unser Sohn geht auch in Richtung Hochsensibel ... als Kleinkind waren seine Gefühlseindrücke sehr stark. Mit dem Älterwerden hat sich einiges normalisiert, aber nicht alles.

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maop
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von maop »

Ich denke auch, dass es die Angst ist, die in diesem Moment überhand nimmt.

Angst verstärkt übrigens auch den Schmerz.

Vielleicht lohnt es sich einmal seine Ängste anzuschauen. Hat er häufig im Alltag Ängste? Ich bin kein Profi…
Es gab einmal eine „Fritz und Fränzi“ Ausgabe, zu dem Thema, die ich sehr nützlich fand.

Was ich aus eigener Erfahrung noch sagen kann, ist, dass ich auch einen Erwachsenen kenne, der so ist. (Familie)

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dede
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von dede »

Mit 9 kann das doch noch so sein, finde das nicht so wahnsinnig schlimm. Vielleicht hilft es über die kognitive Schiene - wie will ich meine Gefühle ausdrücken? Wie ist es fürs Umfeld, wenn ich so stark auf einen akuten Schmerzreiz reagiere? Aber eben, solche Dinge liegen mit 9 vielleicht noch gar nicht so richtig drin.
Für den Moment würde ich die Gefühle und die Wahrnehmung einfach so nehmen wie sie sind und sie gar nicht gross in Frage stellen. Und ihm Angebote fürs Bewältigen der Ängste/ Befürchtungen geben und ihm Halt in der Situation geben.
Mit 9 Jahren hat dein Kind noch lange Zeit, anders lernen mit Stürzen und Schmerzreizen umzugehen. Ich würde deine Schilderungen noch als normal anschauen.

Ciona
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von Ciona »

Ich habe 4 Kinder. Eines ist sehr schmerzempfindlich und eines sehr unempfindlich gegen Schmerzen. Mein empfindliches Kind kann sich an einem Blatt Papier schneiden und schreien, als wäre der Arm ab. Und das unempfindliche Kind hat sich einmal eine schwere Fussverletzung zugezogen. Ein tiefer Schnitt bis zur Achillessehne. Es hat nur kurz geweint und sich gleich wieder beruhigt. Und dann die monatelange Behandlung ohne mit der Winper zu zucken über sich ergehen lassen, obwohl das sicher Schmerzhaft war.
Aber es ist wichtig zu wissen, das Schmerzen im Gehirn gemacht werden. Und für ein empfindliches Kind ist der Schmerz den es in dem Moment fühlt real. Es spielt das nicht. Man kann dem nur mit Empathie begegnen. Ich finde aber es hat auch Vorteile ein empfindliches Kind zu haben. Mit unserem unempfindlichen Kind bin ich immer wieder beim Arzt und auf dem Notfall und das empfindliche hat sich noch nie ernsthaft verletzt. Es bringt sich nicht in Gefahr und passt sogar auf, das sich auch andere Kinder nicht in Gefahr bringen. Weil es immer überlegt, was alles passieren könnte.

Leela
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Re: Überempfindliches Schmerzempfinden

Beitrag von Leela »

Ich war auch so ein empfindliches Kind aber ich glaube nicht, dass ich den Schmerz stärker empfunden habe, es war die Angst.
Angst vor Verletzungen, vor Schmerzen, von Dingen die das verursachen können (zb Wespen).
Liegt bei mir mütterlicherseits in der Familie.
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