Dr. Karg Gedichte / Teil 2

Moderator: Phönix

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Hans Hartmut Karg
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Schneezeiten

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Schneezeiten

Gesänge verklungen,
Erwartungen gestärkt,
An Schneewächten gesungen,
Viele Ängste verzwergt:
So geben leumundgebunden,
beziehungsgewundene
Seelen ihr Stelldichein.

Schneezeiten verleisen
Bewegtes, Vorlautes,
Wo im Sonnengleißen
Streng wirkt Verbautes,
Als wären gewundene,
Beziehungsgeschundene
Seelen nichts als ein Schein...



©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Wortverständnis

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Wortverständnis

Wer interessiert sich denn noch für Dich
Bei diesen Millarden an Menschen?
Wer äußert wirklich wohltuend sich,
Ohne Mitmenschen auszugrenzen?

Leibhaftig bleibt doch das Wort im Bild,
Doch sind Worte mehr als nur Hülsel,
Die weggleiten, grau werden wie ein Schild,
Vergilbend, nur notgeiles Füllsel?

Unterstellt wird dem lebenden Dichter gar oft,
Seine Reime würden nur ins Tiefsinnige greifen.
Gar mancher hat halt von ihm deshalb erhofft:
Anstrengungslos tanzend, ganz ohne Schwere.

Wer sich ihm worteinlebend nähern kann,
Der wird seine Dichtkunst verstehen,
Ist selbst innerlich frei, nicht Untertan,
Wird suchend im Geist mit ihm gehen.

Wer interessiert sich denn noch für Dich
Bei diesen Millarden an Menschen?
Wer äußert wirklich wohltuend sich,
Ohne Mitmenschen auszugrenzen?



©Hans Hartmut Karg
2022

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Hans Hartmut Karg
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Museumseröffnung

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Museumseröffnung

Natürlich war er selbst dazu eingeladen,
Der an der Peripherie des Wissensadels stand.
Er kam auch, war ja sehr gut beraten,
So dass er zur Eröffnung sich gerne einfand.

Da standen sie, viele der bekannten Gesichter,
Die konnte er im Hallenrund ausmachen:
Es gab Professoren, Ehrengäste, Richter
Mit ehrwürdigem Antlitz – ganz ohne Lachen.

Zwei unbekannte Männer standen an seinem Tisch,
Die immerzu von der Bedeutung des Museums sprachen.
Sie holten Snacks zum Wein, ein wenig Fisch
Und meinten, man präsentiere Gegenstände und Sachen.

Die Personen waren unserem Freund sehr vertraut,
Sie standen jetzt nah, doch schienen sie ihm fern.
Oftmals hat er zu ihnen früher hoch aufgeschaut,
Denn sie, sie prüften mit ihm wirklich gern.

Alle aßen Snacks, es gab guten Wein,
Man unterhielt sich leider gar nicht lange,
Musste ja zum angekündigten Vortrag hinein
Und ging hinauf, damit der Redner anfange.

Und unser Freund – stand ganz allein,
Er hielt sich immer noch am Glase fest
Und trank viel von dem wunderbaren Wein,
Denn dieser Tag war für ihn auch ein Fest.

Doch wollt' als Alkoholiker er niemals gelten,
Ließ sein Glas stehen und ging rasch nach oben,
Wo viele schon auf den Stühlen saßen, den gestellten,
So konnte man auch den Veranstalter loben.

Jene, die unten gewichtig gestanden hatten
Die standen auch hier oben, ja, ganz richtig,
Weil stehend sie im Sprechen Bedeutung fanden,
Denn wer vorne stand, der war auch wichtig!

Plötzlich kam der Laudator nun zu unserem Freund
Und bat ihn, gleich mitzukommen.
Der war verblüfft: „Hat er denn mich gemeint?“
Dann war er nach hinten zu ihm gekommen.

Und der Laudator zeigte ihm die zwei Krawatten:
„Was meinen Sie, welche soll ich denn nehmen?“
Er stand da, alt, hager, fast nur noch ein Schatten,
Doch die Entscheidung sollte ihn nicht lähmen.

Unser Freund, so überrascht, der niemals wusste,
Welches Kleid die eigene Frau am Tage trug,
Ihm blieb der Atem weg und schwer gng die Puste,
Denn dazu fehlte eigentlich ihm der Bezug.

Dann entschied er doch: „Die Rote soll's sein!“
Und? Der Laudator daraufhin verschwand.
Der Freund setzte sich natürlich in die letzten Reih'n,
Wo der Unbedeutende seine Aufnahme fand.

Bald stand mit Rot der Redner am Pult,
Applaus brandete auf, es blitzte und blitzte.
Man genoss die Rede nun mit viel Geduld,
Denn es war hell, warm und mancher schwitzte.

Alles war richtig, was der Redner sagte,
Den Inhalt hat unser Freund längst vergessen.
Es war, als ob wie früher man regierend tagte
Und auch die Zeit von allen ward brav abgesessen.

Nach dieser Rede nun erneut Applaus, Herumstehen,
Ein paar Gäste hatten den Saal längst verlassen.
Auch unser Freund wollte und musste endlich gehen,
Dabei musste er sich an den Kopf schon fassen.

Was hatte das ihnen allen denn heute gebracht,
Wo's viel zu hell, zu warm und zu fremd?
Die Welt schien ihm fern, wo man niemals lacht',
Ihm selber klebte auf der Haut das weiße Hemd.

Als er draußen war, atmete er richtig tief ein,
Denn diese kühle Luft, ja, sie erquickte.
Er traf seine Frau und durfte frei sein,
Wo ihn dieDekoration und das Licht erquickte.

So ging er mit der Liebsten zum Bratwurstessen,
Dachte dabei an den Hasen und an Albrecht Dürer,
War bei Ritter, Tod und Teufel gedanklich gewesen,
Denn die Kunst, die blieb immer sein Seelenführer.

Kann ein Museum das Alte denn bewahren,
Es wirklich dem Vergessen so entreißen,
Wenn man herholt Repräsemtamz in Scharen,
Um auf Vergangenes hinzuweisen?

Stehen wir Menschen mit den Taten im Kosmos
Sind wir global denn tatsächlich so wichtig,
Dass wir in Museen wie in Abrahams Schoß
Alles ausstellen müssen, was vielleicht nur nichtig?

Der erste Biss löste das Nachdenken aus:
Sind vielleicht Genüsse nur unsterblich?
Geben Erinnerungen der Weisheit den Garaus,
Deren Freuden nachhaltig und erblich?

Er schlenderte mit der Liebsten zum Schönen Brunnen,
Beide drehten dreimal um die Achse jenen Ring,
Mit dem auf das Leben unser Glück besungen,
Weil es jetzt um Gegenwart und um die Liebe ging.



©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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An die Vielschreiber

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


An die Vielschreiber

Lasst sie doch schreiben,
Ich finde das gut!
Wer am Leben will bleiben,
Braucht den Dichtermut!

Es sollte kein Poet
Dem anderen Dichter sagen,
Dass das nicht geht,
Alles ins Netz zu tragen.

Ist es zu viel,
Wenn man gern postet?
Verliert man das Ziel,
Weil es nichts kostet?

Ja, das wird oft kritisiert,
Doch so ist es halt:
Man insistiert,
Doch das ist Gewalt!

Schau bitte nach:
Der Dichterling
Will ja kein Ungemach,
Er ist kein Sonderling!

Ihm fällt was ein,
Das muss er posten,
So schöpferisch allein
Kann er die Welt auskosten.

Wenn Du selbst schreibst,
Schreibst Du auch viel,
Damit Du bleibst
Im Leserspiel?

Dichterfreund, merke Dir:
Wer selbst viel schreibt,
Der spielt auch Klavier,
Damit am Leben er bleibt.



©Hans Hartmut Karg
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Philosophie der Menschlichkeit

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Philosophie der Menschlichkeit

Menschlichkeit ist nichts Angeborenes,
Menschlicher bleibt das Herrschenwollen,
Immer schon des Menschen Schwäche.

Menschlichkeit ist auch nichts Ausgegorenes,
Kein Abbild von göttlchem Sollen,
Mitunter nur, wo Gesellung sich räche.

Wer wandelte denn dort in Delphi
Und übernahm diese weisen Orakel.
Heute macht man dort nur ein Selfie,
Ist oft aus auf vergangenes Spektakel.

Menschlich sein wird nur jenes Wesen,
Das zu unserem eigenen sei,
Mit dem wir in gewordenes Leben geboren.

Lasst uns schreiben, immer viel lesen,
Was menschliche Freude und Liebelei,
Mitunter nahe bei den uralten Horen.

Menschlichkeit bleibt ein steter Traum,
Mit dem wir idealer ins Leben streben –
Auf der Suche nach besseren Horizonten.

Doch bemerkt die Menschheit kaum,
Dass auch sie müsste sich etwas geben:
Mehr Bescheidung, wenn Liebe besonnt.



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Vergesst mir die alten Geschichten nicht!

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Vergesst mir die alten Geschichten nicht!

Viele Menschen kamen immer, wenn es hieß:
„Pfingschdwoch' aus, Meßwoch ei'!“
Nach Nördlingen, aßen Meßwürst', man ließ
Bier in die Kehlen strömen, man war so frei!

Da hat man Fremde und Verwandte getroffen,
Man mit allen geredet, gegessen, getrunken.
Gar manche wurden streitsüchtig und besoffen,
Man rauchte und vom Grill sprangen Funken.

Fahrgeschäfte waren abends fast alle ausgebucht,
Da konnte sich die Jugend sich treffen, einfinden.
Am Tage kauften Frauen Töpfe, Kleidung, Schmuck:
Die Lust an Volksfesten war nicht im Schwinden.

Das war das Jahresereignis auch für Dienstboten,
Armut ward so für einen Tag überwunden
Und das Gesinde hörte zu, Musik spielte nach Noten,
Die Knabenkapelle verschönte diese Stunden.

So half die Pfingstmesse zu allen Lebenszeiten
Die Not, den Krieg, die Armut zu mildern:
Neugier durfte sich in der Menschenflut verbreiten:
Manche wussten Wundersames zu schildnern.

So gesehen ist der Krieg nie Vater aller Dinge,
Sondern das Volksfest mit seiner Überregionalität,
Damit es selbst fremde Menschen zusammenbringe
Und mit Feiern Hass und Neid von allen fortgeht.



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Der Du mir sagst

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Der Du mir sagst

Der Du mir sagst
ich beib' Dir nah
und mit mir wagst,
was frei ich sah,
vom Morgenlicht
getragen, gesträhnt,
wenn zu uns spricht,
was himmelslohnt,
um hell beseelt
in Dunkelzeiten
von uns erwählt –
das soll sich breiten
als freies Fühlen
mit unseren Zielen.



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Im Leben mittendrin

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Im Leben mittendrin

Wie schimpften mich damals die Eltern,
Als an Bombentrichtern ich spielte,
Wo wir Rostbrühweine kelterten,
Man mit Schrott aufeinander zielte!

Wie schimpften sie uns Kinder,
Als wir in zerbombte Loks krochen
Bei Eis und Schnee im Winter
Und wir nach Kohlen rochen!

Das waren die Anfänge,
Als der Weltkrieg endlich aus.
Wir kämpften um die Ränge
In einem zerstörten Haus!

Und doch fanden wir zusammen,
Die Gleichaltrigen zueinander kamen,
Weil wir aus der Achsenzeit stammen
Und dies unser Erlebnisrahmen.

Nichts anderes hatten wir damals,
Im Spiel kamen Freundschaften auf:
Wir trugen den Schal um den Hals,
Damit begann unser Friedenslauf.



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Wie wäre es denn

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Wie wäre es denn

Wie wäre es denn,
wenn Menschen begreifen würden,
dass positives Denken und Reden
als dauerhafte Hintergrundnorm
den Lockruf des Sittlichen aufspürten,
um Hellräume zu schaffen?

Es geht nicht um's Moralisieren,
Vorwürfe wären kontraproduktiv
und Schuldzuweisungen führten
nur in unnötige Konflikte,
welche Streitereien immer schon,
Kriegsgelüste oft heraufbeschwörten.

Segensreich könnten wir
in einer Welt mit Freunden
angstfreier kommunizieren
und fänden uns ein allhier mit
Freiseelen ohne das ständige Häuten,
um uns in Neuwelten zu begeben.

So wäre auf Erden allen Segen gewährt,
die sich auf freundliche Hinwendung
dauerhaft verpflichten,
auf Beziehungen, die bisher versehrt
sich wiederum aufrichten könnten –
in fairer und feinsinniger Zuwendung.



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Europakonfusionen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Europakonfusionen

Sind nicht überflüssig wie ein Kropf
Rechtschreibreform und Zeitumstellung?
Wo haben wir nur unseren brillanten Kopf,
Der verhindert unnütze „Reformanschwellung“?

Jetzt soll jeder Staat frei entscheiden,
Ob er Sommer- oder Winterzeit will.
An dem Unsinn werden Fahrpläne leiden,
Das ist doch kein praktisches Ziel!

Können wir nichts mehr bestimmen,
Einfach zugreifen und festlegen?
Müssten wir die Zweckmäßigkeit nicht trimmen,
Damit wir uns selbst keine Steine in den Weg legen?

Wo das Recht zur Handelsware verkommt
Und man nur noch mit Scheinargumenten trickst,
Weil Macht virulierend im Kopfe schwirrt,
Weil Du Entscheidungen in die Verbannung schickst,

Wird es jahrelanges Ringen geben
Mit Windmühlenkämpfen und Widerwärtigkeiten.
Das erschwert in Europa unser aller Leben,
Führt in Spiegelfechtereien, zu unnötigen Streitigkeiten.



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Friedensblümlein

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Friedensblümlein

Überall am Wegerand
Kannst Du Friedensblümlein finden,
Wenn Deiin Auge mit Verstand
Feindschaften will überwinden.

Friedensblümlein brauchen wenig,
Brauchen keinen Landgewinn,
Nehmen Leid, wo Augen tränig,
Haben Lichtblicke im Sinn.

Kaum mit Erde von der Straße
Reicht das ihnen hin zur Blüte.
Für die Seele, in der Vase
Künden sie von ihrer Güte.

Friedensblümlein sind bescheiden,
Sind dennoch gegen Feindbilder,
Gegen Panzer und Kriegsleiden,
Wo Herrschaft zeigt nur ihre Schilder.

Kompromisslos zeigen sie
Den Despoten rote Karten,
Weil Gott ihnen Macht verlieh,
Um hier Frieden zu erwarten.



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Feiert und tafelt miteinander!

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Feiert und tafelt miteinander!

Ja, manche brauchen lang,
bis Pferde sie endlich einspannen.

Doch wisse auch: Der Pferdewirt
lässt sich vom Ritt dann abhalten,
wenn ein Stangenreiter mit ihm feiert.

Erkläre ihm, dass Ihr gern miteinander
essen und trinken wollt, Gelage habt,
dass er allzeit ohne Furcht sein darf,
Du ihn nicht angreifst, er in Sicherheit.

Nichts kann der Welt mehr Freude bereiten,
als das Signal der Friedensfanfaren!

Habt Ihr es denn im 21. Jahrhundert noch nötig,
übereinander bewaffnet herzufallen,
Euch ins Mittelalter zurückzuschießen?

Nehmt Euch die Zeit, setzt Euch zusammen,
tafelt und feiert tagelang!

Und dann versichert Euch,
möglichst auch vertraglich,
dass Ihr Freunde bleiben wollt
auf immer und ewig!

Der Friedenswille der Menschheit,
die geballte Kraft der Vernunft –
sie erwarten das von Euch!



©Hans Hartmut Karg
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Januarflausen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Januarflausen

Noch sind die Bäume alle kahl,
Das Licht im Nebel wirkt nur fahl
Und wie schon anno dazumal
Leiden Nordlichter und Personal
Am Tagesgrau, katastrophal
In diesem unserem Jammertal
Wird manchem das zur Seelenqual,
Doch haben noch eine Wahl?

Im Augenblick fällt schwer das Reisen,
So müssen wir zu Hause speisen,
Sehen zum Garten mit den Meisen,
Gehören zu des Lebens Waisen,
Wenn über uns Zugvögel kreisen,
Wieder zu uns wollen herreisen,
Im Gras dicke Würmer verspeisen,
Ihr Lied singen, Natur zu preisen.

Damit der Mensch nicht ganz vergeude
In Pandemie die Lebensfreude,
Chattet er, lädt ein sich Leute
Auf seinem Smartphone, hier und heute,
Damit er ihnen auch bedeute,
Dass er dadurch Freuden einläute,
Wenn eingepfercht und im Gebäude
Am Monitor sitzt seine Meute.

So lebt denn auf, genießt den Tag,
Den jeder so schön daddelnd mag,
Legt ab die Seelennot und Plag'
Und ja kein Horoskop befrag',
Wenn „Lebe toll!“ ich zu Dir sag',
Wie jetzt mit meines Herzens Schlag
Ich forsche mit der Liebesfrag',
Ob sie mein Bild wohl lachend trag'.



©Hans Hartmut Karg
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Himmelslicht

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Himmelslicht

Der Baum ist fort,
Längst abgeschmückt,
Kein Kerzchen mehr vor Ort,
Das noch das Licht erblickt.

Wer aus dem Fenster schaut,
Sieht nur Hochnebelschwaden,
Ein Hellwerden auf klammer Haut,
Sonne ist kaum einladen.

Sie schafft es, doch nicht ganz,
Spät nur am Nachmittag und kurz,
Wo dieser rote Ball in vollem Glanz
Dann wieder trägt den Wolkenschurz.

Der Baum ist fort,
Das Jahr erwacht,
Sonne bleibt Hoffnungshort,
Dass sie uns weiter lacht.



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Morgenluft

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Morgenluft

Die Morgenluft, sie hat mich schon gekitzelt,
Wenn die Nase unter ihrer Decke spitzelt,
Denn jetzt schlafen noch die Smartphonegeister
Und ein wenig Traum bleibt früher Meister.

Doch der Hamster steht im Hamsterrad
Dreht schon Runden – das ist mir zu fad,
Weil niemand dem Schlendrian entgeht,
Wenn er nicht die eigenen Runden dreht.

Lieber warte ich auf Deine Hand,
Manches Mal mit schönem Unverstand.
Schließlich werden wir am Tische sitzen
Und den Tag zum Morgenplausche nützen.

Da ist kühle, wunderbare Morgenluft,
Die uns zum Spazierengehen ruft.
So kommt Denken in den weiteren Stunden
Gut in Schwung – Schlaf überwunden!



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Lebenstag

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Lebenstag

Haben wir denn,
schlafgestillt,
endlich wieder einmal
bei schrumpfenden Zellen
die toxischen Stoffe
aus den Hirnen geworfen,
um das Nachtheulen,
die ranzenden Träume
besiegen zu können
mit sonnendem Morgen,
wieder ganz frei zu sein
für einen Lebenstag,
der uns mehr sei,
als Mummenschanz?

Ja, es wird Zeit
mit dem Aufstehen
wieder das Handeln
zu feiern.



©Hans Hartmut Karg
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Fünfundsiebzig Jahre Leben

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Fünfundsiebzig Jahre Leben

Jetzt sind sie mir doch noch geschenkt
Die fünfundsiebzig Jahre Leben:
Das Schicksal hat noch eingelenkt,
Der Herrgott hat's mir mitgegeben.

Von Anfang an ward ich getragen
Hatte eine Wunderkindheit,
Wo am Flusse wir sommers lagen,
Satt, in vollkommener Freiheit.

Natürlich ward ich vom Tisch gefallen,
Knapp beim Autounfall dem Tod entgangen,
Umschiffte später Klippen und Fallen,
Hatte auf das Leben dennoch heißes Verlangen.

Die Eltern, Onkel, Tanten mochten mich sehr,
Früh entdeckte ich das Lesen und Schreiben:
Wo großelterngetragen Liebe ward mehr,
Durften Augen sich neugierig reiben.

Hinzu kam später die Wunderfrau,
Die in all den Jahren mir zugetan
Vier Kinder gebar, denn sie wusste genau,
Was zu tun war – und sie hat es getan!

Sie förderte sehr unsere Vier,
So dass sie es sehr weit brachten.
Das gab auch Halt, viel Freude mir,
Wenn wir unkten, miteinander lachten.

Sechzehn Enkel wurden uns geschenkt,
Die nun über die ganze Welt verstreut
Als Zierde zur Globalisierung gelenkt,
Was unsere Seelen bis heute erfreut.

Des Menschen Herz erdenkt sich Wege,
Doch der Herr allein gibt, dass er fortgehe
Und selber sucht sich Straßen und Belege,
Mit denen er auch zum Glücke stehe.

Doch ward der Schulweg mir überhart,
Denn ich kam schließlich von ganz unten.
Karl May, Lexika brachten die Bildung in Fahrt,
Bald zählte ich zu der Bibliotheken Kunden.

In der Kleinstadt, in der man mich immer liebte,
Konnte Freundschaften ich reichlich knüpfen.
Da gab's Gespräche, auch erste Verliebte,
Mit Ringen sah man noch Mädchen hüpfen.

Das Erststudium bracht' mich nach Augsburg,
Die Römerstadt öffnete mir die Welt,
Entdeckte ich dort doch den Demiurg,
War auf Musik und Lernen eingestellt.

Und Philosophie weitete mir die Sinne,
Erziehungswissenschaft begeisterte,
Wo im Sanderheim ich das Sozialdenken erlernte,
Mit dem Studienfreund manches Sinnen entkleisterte.

Bei Technikstudenten in der Geisteswelt
Entdeckte ich europäische Antipoden,
Ward neugierig auf Neues gestellt,
Im Stadttheater hörte Musik ich nach Noten.

Und das Lehramt – ja, es genügte mir nicht,
Bald ging ich deshalb zu Friedrich Alexander.
Da hatte das Denken ein noch tieferes Gewicht,
Man lernte dort einzeln – und auch miteinander.

Wissenschaft und Politik ließen mich nicht mehr los
Und auch die Geschichte interessierte mich brennend.
So stellten wir bald die Ideologien und Spinner bloß,
Waren niemals hinter Schlimmem herrennend.

Denn die Freiheit, den Frieden braucht diese Welt,
Um tatsächlich ihre Probleme zu lösen.
Wo Menschen mit Ideologien zugestellt,
Da wird man fast alle Lösungen verdösen.

So habe ich die Jugend gerne gefördert,
Als Schulleiter Demokratie weiterentwickelt,
Mit Freunden unsere Zukunft erörtert
Und manches Neue hinzugestückelt.

Der Personalmentalismus wurde mein eigenes Kind,
Brachte mir George Berkeley, Martin Buber ganz nah.
Doch erst Kant stellte mir vor den klaren Wind,
Weil die Selbstverschuldung ich jetzt mit ihm sah.

Umweltzerstörung, Klimanöte und Pandemie
Zeigten mir, dass wir selbst alles vernichten:
Wo der Mensch nicht prüft sein gutes Genie,
Wird dieses sich gegen das Leben richten.

Dabei hat die Kultur so schön angefangen
Mit Italiens Künsten und Bildgestaltung.
Griechenland, das Christentum begrenzte das Verlangen
Und brachte uns immer wieder in sittliche Haltung,

Mit der man unbändige Kräfte zähmen konnte,
Denn nicht alles ist erlaubt, was auch gewollt:
Wo das Ethische das Daimonion bewohnte,
Da konnte man wissen, was wirklich gesollt.

Bach, Mozart begleiteten als Seelenmantel
Meinen Geist, die Violine schwang mit.
Und obwohl die Welt im Dauerwandel,
Wurde mir Petrarcas Laura herrlicher Kitt,

Welcher die Liebe stets aufs Neue entfacht,
Das Ewig-Weibliche mich immerzu trug
Und mir dazu des Schicksals Sonne lacht,
Der Süden mir blieb – und der Krug!

So konnte ich tatsächlich dreißig Bücher schreiben,
Dazu mehr als dreihundert Fachbeiträge –
Recht viel für einen Menschen, der bequem wollte bleiben,
Manchmal sogar apathisch und träge.

Doch dann flammte wieder das Barocke in mir auf,
Die Lebenslust durfte alle Zweifel besiegen
Und stärkte mich so in weiterem Lebenslauf,
Denn auch Musen konnten mich ständig wiegen.

Und so habe ich sechstausend Gedichte geschrieben,
Schreibe weiter – bis auf den heutigen Tag,
Denn Wortneugier ist mir auch im Alter geblieben,
Weil die Poesie mich allzeit zu küssen vermag.

Das ist ein Vergnügen, eine große Gnade,
Mit Fünfungsiebzig noch Reime zu schmieden,
Vielleicht ein Geschenk aus der Bundeslade,
Um das ich den Schöpfer will gerne bitten.



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Schnittgut

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Schnittgut

Dampfend unterm Apfelbaum
liegt schon genässt der Grashaufen,
fällt zusammen im Winter,
wo Eichhörnchen drüberlaufen,
um elegant und geschwinder
in Wipfeln zu verschwinden,
da sieht man sie kaum
mit ihrem Freisprungkünden.

Gelegentlich raschelt es,
die Igel sind noch recht munter,
wohin weiteres Blattwerk fällt
und der Haufen nun bunter
dem Baumleben hilft,
das, vom Grase geprägt
nach der kalten Zeit
wieder reiche Blütenpracht trägt.

Die Natur will diesen Kreislauf,
braucht ihn, um sich damit zu helfen,
holt sich die Werte herauf
aus verotteten Vorjahren,
weiß, was sie braucht,
damit Nahrung sie krönt,
sich vielleicht mit uns versöhnt –
und wieder füllt unsere Scheuer.



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Hat der Januar

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Hat der Januar

Nichttauende Weißschnüre
hängen von Ästen,
verheißen wieder kältere Tage,
selbst wenn die Milchsonne
über die Landdecke reist.

Hast Du gesehen,
wie hoch die Schneezäune
auf weitere Winde warten,
doch ganz unverrückt
neben der Straße stehen?

Hat der Januar
nicht immer schon
unsere Erwartungen erfüllt,
mit denen er,
für ein neues Jahr werbend
uns in die Runden schickte?



©Hans Hartmut Karg
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Tastzeit

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Tastzeit

Der Strom ist ausgefallen –
Wie gut dass man zwei Hände hat!
Da muss man nicht hinfallen,
Ertastet, wo es Hindernisse hat.

Man weiß ja, wo die Lampe liegt
Und geht ganz langsam jetzt dorthin,
Damit man sie zu fassen kriegt,
Das macht in Dunkelheit ja Sinn.

Welche Erlösung, wenn sie gefunden
Und endlich wieder Licht kann sehen!
Damit dreht man leichter seine Runden,
Darf mit sehenden Augen gehen.



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