Dr. Karg Gedichte / Teil 2

Moderator: Phönix

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Hans Hartmut Karg
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Abschied von Charlotte

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Abschied von Charlotte

©Hans Hartmut Karg
2015

Sie war ihm nah und doch so ewig fern,
Denn sie war leider überreicher Herkunft.
Er hatte sie dennoch so schrecklich gern,
Und doch siegte schließlich die Tatvernunft.

Sie konnte ihm die Tage kaum vergolden,
Die Nächte eilten nicht zu liebender Versöhnung.
Der Schmerz aus Bruch, den beide ja nicht wollten,
Brauchte doch mehr, als leidvolle Gewöhnung.

Und Fruchtbarkeit als später Leibessegen
War zunächst Halt ihm, seelenreine Stille.
Ein kleinerotisch Wesen nur? Von wegen!
Die Liebeszeit braucht Jugend und braucht Wille.

So nahm er vom Beziehungstaumel Abschied,
Von einer Klammer mit galanter Prägung,
Denn als ihr Seelenband so kalt ihn mied,
Erlosch bei ihm für immer jede Regung.

Ihr werde er erinnerlich nur bleiben
Und an die schönen Nächte stetig denken,
Mit denen sie entäußernd sich verleiben,
Sich wechselseitig Mut und Hoffnung schenken.

Doch da sein neues Liebchen schwanger und so jung
Und er ihm pflichtgemäß mit Vaterstolz begegnet,
Ist jetzt erlaubt kein neuer Seitensprung
Und keine Umkehr, wenn der Leib gesegnet.

Charlotte war ja älter und ihm überlegen,
Das wurde langsam ihm zu einer Last,
Wo inspiriert die Liebeslust einst Segen,
Die leider nicht mehr zur Beziehung passt.

Er wurde Vater und nun Ehemann,
Er wusste sehr verlässlich um die Ehenächte,
Stand ganz in seinem neuen Liebesbann:
Was gibt es Schönres, als die ersten Ehenächte?

*

Hans Hartmut Karg
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Den Sommer erklärt

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Den Sommer erklärt

©Hans Hartmut Karg
2015

Wie schön leuchtet die Sonne
am bläuenden Firmament!
Wir brauchen keine Kriege.
Schon heute haben uns
mit ihrem unschuldigen Weiß
die herrlichen Kakteenblüten
den Sommer erklärt.
Brauchen wir noch mehr
engelsgleiche Beweise?

*

Hans Hartmut Karg
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Sittenkodex

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Sittenkodex

©Hans Hartmut Karg
2015

Wer ungehemmt beleidigt,
Die Nächstenliebe so missbraucht,
Die Unantastbarkeit der Menschenwürde so verletzt,
Der muss mit einer Strafanzeige rechnen.

So mancher Kritikaster überdehnt Großzügigkeit
Der Dichter wie der vielen Denker.
Der Meinungsschutz bleibt stets
Die Freiheit doch des Andersdenkenden.

Auch in freier Gesellschaft
Darf Lächerlichpreisgabe nicht obsiegen,
Es niemals um Vernichtung gehen,
Denn die Person ist heilig, sakrosankt.

So sind Beleidigungen zu vermeiden
Und selbst die Rationalität
Darf niemals Kritikmittel sein,
Um Menschen zu vernichten.

Denn die Person, sie muss geachtet bleiben,
Sind doch die Achtung und die Freiheit
Allein die unabdingbaren Bedingungen
Der Möglichkeit für Volksherrschaft.

Wer diesen Sittenkodex dann verletzt,
Weil er sich selbst als Übergott begreift,
Der hat im Grunde seines Herzens
Die Menschlichkeit noch nicht begriffen.

*

Hans Hartmut Karg
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Rettung

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Rettung

©Hans Hartmut Karg
2015

Wir essen nur noch griechische Oliven,
Denn Rettungsspitze wollen wir a u c h sein.
Hellenen wollen wir nicht unter ferner liefen,
Denn wir sind immer gut, niemals gemein!

So kaufen wir denn reichlich Pita-Taschen,
Der Kalorienschreck da herrlich profitiert.
Auch Bifteki werden wir in Zukunft naschen,
Damit ein Volk zum Einkommen geführt.

Dann noch die schönen Peperonen
Und das Kreta-Olivenöl, extra nativ.
Mit Antipasti wir vorab belohnen
die Gäste, die Mama zum Essen rief.

Naoussa kaufen wir, natürlich auch Nemea,
Die Rotweine, die viele Griechenfreunde lieben.
Roditis ist für Fisch und Spargel da,
Metaxa wollen wir zum End´ nachschieben.

Als Magenöffner Ouzo, feinen Anis,
Der uns zum Schlemmen immerzu verführt.
Und hinterher die karamellvermischten Nüsse,
Bei denen man den Philosophengeist erspürt.

Ein wenig Flakelaki darf schon sein,
Ja, selbst die Fischerfreunde sind Beamte.
Dadurch wandert so mancher stille Schein
Zur Rettung – oder wie man das mal nannte...

*

Hans Hartmut Karg
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Jüdische Schicksale

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Jüdische Schicksale

©Hans Hartmut Karg
2015

Sie wurden kollektiv geächtet –
Als Jesusmörder, Brunnenvergifter.
Sie waren Feindbild und kein Wächter
Stellte sich auf die Seite der „Vergifter“!

Sie durften keine Ländereien kaufen,
Das Ghetto war die Judengasse, Judenstraße.
Dort ließ man sie noch miteinander laufen,
Was ausgemacht als Judenstern und Judennase.

Vom Bauerntum waren sie ausgeschlossen,
Auch durften sie nicht walzend laufen.
Man hat nur ihre Abgaben genossen
Und das, was man bei ihnen konnte kaufen.

Der Jude konnte nur als Händler leben,
Als Arzt, als Geldwechsler, Kaufmann, Autor.
Der Obrigkeit hatte er viel zu geben
Und war doch stets bedroht von dem Furor.

Das Schloss in Ansbach hatten sie zu finanzieren,
Dafür durften sie sich die Synagoge bauen.
Sie hatten immer Druck und Last zu spüren,
Mussten nach den Verfolgungen sich neu umschauen.

In Nürnberg hatten sie das Sumpfgelände zu entwässern,
Damit der Hauptmarkt dort errichtet werden konnte.
Vertrieben wurden sie danach von Bütteln, Häschern,
Damit daselbst kein Jude jemals leben konnte.

In Mainz erschlug man mit des Bischofs Huld
Die Juden, klaute ihnen Häuser, ihre Welt.
Darin sah niemand für sich eine Schuld:
Die Mörder selbst kassierten Gut und Geld!

Ins „Fränkische Jerusalem“, nach Fürth
Zog es die Juden, weil dort ein wenig Toleranz.
Nur selten war europaweit das eingeführt,
Denn Mensch und Habe, die vernichtete man lieber ganz.

Die mittelalterlichen Zölle nicht vergessen,
Die man den Juden ständig auferlegte:
Am „Judenzoll“ war manches Fürstentum genesen,
Den man genüsslich ausweitete, pflegte.

Zu Pferd, zu Fuß mussten nur Juden Geld entrichten,
Sogar für tote Juden gab es Zölle.
Man wollte ausnehmen sie und vernichten,
Weil man sie ohnedies wünschte zur Hölle.

Dabei hatten sich viele Juden angepasst,
Manche von ihnen waren konvertiert,
Hatten gar Wissenschaftliches verfasst,
Kunst und Musik zur Höchstleistung geführt.

Selbst noch im 70er-Krieg gegen Franzosen
Hatten sie mutig auch da gekämpft.
Und doch galten sie als die Heimatlosen,
Die Anerkennung blieb verwehrt, doch sehr gedämpft.

So hatten es die Rattenfänger leicht
Zum Holocaust, zur Shoah laut zu blasen,
Damit man so die Judenkörper bleicht
Mit Kugel, Gas, mit wildem, schlimmem Hassen.

Was mit den Juden da geschah
Treibt Zorneswut in jede gute Menschenseele,
Der Toleranz, der Nächstenliebe nah,
Damit sie einst das Paradies erwähle.

Der kollektive Wahn entmenscht das Herz,
Bringt die Vernunft um den Verstand,
Verursacht Hasstiraden, Leid und Schmerz,
Gibt alle Freiheit in die Mörderhand.

*

Hans Hartmut Karg
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Schlankheitswahn

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Schlankheitswahn
(Ironiegedicht)

©Hans Hartmut Karg
2015

Mit riesengroßen Augen
Drangsaliert sie alle, die gern essen,
Die schon in wohligem
Ambiente eingesessen.
Da ist kein Haar,
Das sie dem Lusteesser
Am grauen Kopfe lässt.
Kein Speisefrieden wird gegönnt.

Der Schlankheitswahn
Erfasst die Winkel ihrer kleinen Seele,
Schlechtreden wird Symbol
Und Status dieses Wahns.
Und keine Rettung, keine Gnade
Den Lustessern, den Genießern,
Die doch in dieser Welt
Mehr sehen, als ein Jammertal.

Und alles wird dann schlecht geredet:
Die Wurst ist fett, chemisch verseucht,
Das Brot zu weich, schimmelgefährdet.
Selbst Obst und Milch, die machen dick,
Gemüse ist mit Spritzmitteln gefüllt,
Auch Öle, Schmalz und Butter machen dick.
Und Zucker, Salz und Mehl verringern
Deine Lebensjahre – und das Gute Leben.

Krebs droht Dir, Bürger, überall beim Essen,
Du bist gefährdet, ohne jeden Schutz.
Iss deshalb wenig und kasteie Dich,
Trinke nie alkoholische Getränke
Und keine Zuckerpampen, keine Säfte.
Vermeide alles, ja, genieße nichts,
Trinke drei Liter Wasser täglich –
Und ertrinke!

*

Hans Hartmut Karg
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Bildzauber

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Bildzauber

©Hans Hartmut Karg
2015

Im stillen Garten ganz zu Haus
Vermag sie ihre stille Größe
Zu leben, bis es für sie aus
Und sie die Ewigkeit erlöse.

Die Knospe sprengt die Außenblätter,
Bricht auf mit ihrem schweren Duft,
Vertreibt dabei dem grauen Städter
Die Schwaden, sorgt für gute Luft.

So lange hat sie schon gewartet
Und sich im Frühling vorbereitet.
Nun ist sie zauberhaft gestartet,
Als hätt´ ein Gott sie angeleitet.

Die Blüte übertrifft das Bild,
Kein Plastikwerk kommt da heran,
Was sie farbfüllig trägt im Schild:
Nuancenschönheit, Zauberwahn.

Was augengleich erfüllt von ihr,
Das gleitet tief in Herz und Seele.
Was immer so geschehen hier
Ist Kunst für die Ewigkeitsstele.

Erhaben blüht sie so ganz auf,
Langstielig, hell zu jeder Stunde:
Jetzt hat sie ihren großen Lauf,
Verbreitet Floras sanfte Kunde.

So zauberhaft wie die Natur
Kann nichts auf dieser Erde sein.
Selbst dort, wo immer viel Kultur,
Braucht die der Blume Blütenschein.

*

Hans Hartmut Karg
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Im Garten

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Im Garten

©Hans Hartmut Karg
2015

Der Rosenbusch, so grün und rot,
Wirft Feuergarben, dunkel, stark.
Nichts ist für die Natur Verbot,
Es gibt kein Hetzen und kein Arg.

Die Azaleen, Rhododendren,
Sie leuchten bunt Sommer herbei,
Beseelen Gärten, wollen stehen
So lebensfroh im Vielerlei.

Grünend das helle, dichte Laub
Verlangt nach freiem Himmelsblau,
Fegt weg den allerschlimmsten Staub,
Setzt alle Not ins Wintergrau.

Wie lebt der Garten wunderbar
Und ich darf darin lebend tanzen
Mit meiner hellen Vogelschar –
Und mit den vielen Feuerwanzen!

*

Hans Hartmut Karg
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Frage nach dem Wesen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Frage nach dem Wesen

©Hans Hartmut Karg
2015

Woher kommen wir?
Und: Wissen wir nicht, woher wir wirklich kommen?
Und: Gehen wir körperlich nur einen Erdengang?

Sind wir es nicht vernunftbegabt gewohnt,
Als Lebewesen und Kulturformer
Die Erde zu besiedeln?

Was kann das Menschenwesen wissen?
Sehr viel, wenn sein Wissen kumuliert,
Doch seine Emotionen auf der Urzeit bleiben?

Was darf es hoffen?
Die Auferstehung höchsten
Nach dem guten Lebenslauf?

Was soll es tun?
Rechtschaffen bleiben, hilfreich, ehrlich sein
Und seine Schöpfung auch bewahren?

Wohin geht es dann?
Im Himmelsglauben hin zur Auferstehung
Für den, der glaubt und betet?

Der freie Wille bleibt die höchste Form
Des Sinns und des Bewusstseins?
Kann Überleben ein Gutes Leben anbahnen?

*

Hans Hartmut Karg
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Auch ich!

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Auch ich!

©Hans Hartmut Karg
2015

Auch ich bin leidender Mensch:
Ecce homo. Ecce homo!
Vergiss´nicht, was in mir ist
und meinen Namen!
Es werden nicht viele
sich meiner erinnern,
wenn leidensreich
ich in die Abgründe
des Unendlichen
heimgehen werde.
So bin und bleibe ich:
Ecce homo!

*

Hans Hartmut Karg
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Das rote Gewand

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Das rote Gewand

©Hans Hartmut Karg
2015

Im roten Hosenanzug geht sie fort,
Denn ROT ist immer ihre Lieblingsfarbe.
Sie geht damit gern an den fremden Ort,
Wo jener Russe auf sie wartet mit der roten Narbe.

Schon viel zu lange ist sie ehelich gebunden,
Zu früh wurde sie so als Frau genommen,
Versorgte Mann und Kind und Haus mit Hunden,
Sah angekettet sich, sollte frei nicht entkommen.

Nun denn, die frühe Sehnsucht ist geblieben,
Das alte Herz sucht pochend neue Lust.
Erfahren ist es, kann Liebe anschieben
Und spürt, wie langsam flieht der Ehefrust.

Als sie den Anzug willig abgelegt,
Ist auch der Wille bei der roten Narbe.
Während sich bei dem Ritter schon die Pflanze regt,
Bekommt ihr Antlitz endlich wieder etwas Farbe.

Die Leibeslust verwöhnt die grauen Schläfen,
Das neue Glück gibt ihnen wild die Sporen.
Jetzt landen ihre späten Tage in den neuen Häfen,
Die längst ein gnädig Schicksal auserkoren.

Die Tage werden glücklich mit der Liebe,
Die nicht geplant und nicht vermessen bleibt.
So wachsen auch im Alter noch die Triebe,
Die Sehnsucht und die Lust sind einverleibt.

Wie sollte man dem trüben Alter fliehen,
Wenn man der Konvention nur schwer entgeht?
Dem Sündenkitzel folgt stets das Bemühen,
Ganz Frau zu bleiben, wo der Wille weht.

*

Hans Hartmut Karg
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Wehret!

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Wehret!

©Hans Hartmut Karg
2015

Es sagte der weise Lehrer
laut und immer wieder:
„Wehret den Anfängen!!!“
Doch die einfache Schülernatur
wollte die Anfänge nicht sehen.
So kam es zur Übertölpelung.

*

Hans Hartmut Karg
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Entfremdung

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Entfremdung

©Hans Hartmut Karg
2015

Er wollte immer besser als die andern sein
Und hatte doch die Freundschaft nicht verstanden.
Auch wenn er dabei mannches Mal allein,
Vergaß er, dass die Freunde ihn schon kannten.

Sinnierend ging er seine eigenen Wege
Als Eigenbrötler und als Menschenfeind.
Mit Kurzparolen hetzend war er rege –
Und schlimm gehetzt war bei ihm schlimm gemeint!

So änderten sich Herz und auch die Seele,
Der Hassideologie ließ er den freien Lauf,
Damit er sich die Hasser nun erwähle,
Um hin zu kommen in des Killers Kriegeslauf.

Selig wie toll begann er nun zu schlachten –
Sich sehnend nach dem eigenen Heldentod.
Die Opfer, sie begann er zu verachten,
Und er verschloss sein Herz für alle Not.

Als er dann fiel, blieb nichts von diesem Krieger:
Ein Schlächter hat kein Paradies.
Kein Menschenkiller bleibt am Ende Sieger,
Der Sarg nur Dunkelfeuchtverlies.

*

Hans Hartmut Karg
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So war sie

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


So war sie

©Hans Hartmut Karg
2015

Sie spielte sehr früh Violine
So schnörkellos und so perfekt.
Dabei verzog sie keine Miene –
Man wusste nicht, was in ihr steckt'.

Natürlich war sie nicht adrett,
Man spürte Medizinerherkunft.
Doch im Gespräch verband sie nett
Die Contenance mit der Vernunft.

Als sie den Mediziner nahm,
Den sie standesgemäß gesucht,
Zum Geist auch noch der Reichtum kam,
Da war zufrieden sie, betucht.

Doch Glück trägt eine andere Sonne,
Die nicht geplant vom Himmel strahlt.
Dem Schicksal bleibt die eigene Krone,
Mit der Liebe den Lobpreis malt.

Sehr kontrolliert legte das Ende
Die Einsamkeit in späte Tage.
Es gab für sie ja keine Wende,
Denn aussichtslos schien ihr die Lage.

Bestürzt von ihrem Freitod,
Mit dem sie zur Vollendung streikte
Kam ihre Not ins rechte Lot:
Am Ende sie das Haupt doch neigte.

Es ist nicht leicht für frühe Kinder
Nur mit dem Kopf zum Leben wähnen.
Dadurch wird manche Norm zum Schinder
Der Seelen, die Kindsein ersehnen.

*

Hans Hartmut Karg
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Perspektiven

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Perspektiven

©Hans Hartmut Karg
2015

Es sagte das Pantoffeltierchen:

„Ich will niemals was anderes sein.
Kapsle ich mich schließlich ein,
Bin für immer ich unsterblich.
Tausche ich den Kleinen Zellkern,
Werde ich mich immer teilen
Und jung werden wie ein Kind.“


Es sagte das Libellenmännchen:

„Wüsste ich von vornherein,
Dass nur wenig' Lebenstage
Ich fliegend zu leben hätte,
Würde ich mich auch vermehren,
Meinen schönen Bogen spannen
Und gezielt auf Brautschau gehen.“


Es sagte der Reformator:

„Und selbst wenn ich wüsste,
Dass morgen die Welt verginge,
Würde ich mich heut' anstrengen,
Würde noch mein Leben leben,
Würdevoll zum Gärtner gehen
Und ein Apfelbäumchen pflanzen.“

*

Hans Hartmut Karg
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Neue Zeiten

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Neue Zeiten

©Hans Hartmut Karg
2015

Hält den Kapitalismus in seinem Lauf
wirklich ein nahender Grexit auf?

Hatten nicht früher unsere Freunde
noch Tiere, Felder und Gärten?

Alles verschwunden, verwunschen,
überwuchert von Bequemlichkeiten?

Heute überall Antennenschüsseln.
Worauf wollen Fernseher warten?

Promenieren, flanieren, brillieren –
Aber wie, wo denn und womit?

Wie sollen jene Liebe erfahren,
bei denen das Leben Not nicht versteht?

*

Hans Hartmut Karg
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Die Osmin-Arie

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Die Osmin-Arie

©Hans Hartmut Karg
2015

Nie zuvor und nie danach
Hat es solche Musik gegeben:
Mozart, groß im Opernfach
Erfüllt die Mordlust da mit Leben.

Erfreuung an der Hinrichtung
Ist Osmins Pathogenerwartung.
Bei ihm gibt es nur eine Richtung:
Aufknüpfen als Seelenentartung.

Wie fiebertaumelnd der Eunuch
Den Tötungsmord für Liebende
Legt aggressiv, mit allem Ruch
Als Macht gegen Verbliebene.

Hier kann er alles wild ausleben,
Was man ihm selber angetan.
Hier kann er nach dem Blute streben
In seinem Rasen, seinem Wahn.

Gespeist ganz aus der Tötungslust
Kennt er doch keine Tötungshemmung.
Exzesse mindern Lebensfrust –
Es gibt nicht Gnade, nicht Beschämung.

In einzigartigem Stakkato
Hat Mozart Mordsucht dargestellt.
Das krankhafte Musikvibrato
Zeigt uns, wie grausam Menschenwelt.

*

Hans Hartmut Karg
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Verlass?

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Verlass?

©Hans Hartmut Karg
2015

Auf wen kann ich mich noch verlassen,
Wenn Pläne nur Versprechen bleiben,
Die Armen nur die Reichen hassen
Und manche alles unterschreiben?

Wie steht es mit Vertragsgewissheit,
Wo alles nur relativiert?
Ist dann der Partner noch bereit
Zum Ehrlichsein, wo nur verführt?

Wem kann ich glauben, wem vertrauen,
Können wir noch auf Rettung hoffen,
Wenn alle nur zum Gelde schauen
Und die Moral längst abgesoffen?

Wo Schwachwille in Unterlage
Bejammert nur das schlimme Fatum,
Erübrigt sich die Schicksalsfrage,
Denn Selbstarbet gilt als Eratum.

Wo kein Verlass schwindet die Rettung,
Wo Jammerton bleibt trübe Suppe.
Da gibt es keinen neuen Schwung,
Kein Retten, keine Zauberpuppe.

*

Hans Hartmut Karg
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Notzeiten

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Notzeiten

©Hans Hartmut Karg
2015

Jede Münze, die verteilt,
Fehlt doch anderswo im Land.
Wo sie dem Gönner erst enteilt,
Bleibt ihm nur noch die leere Hand.

Wenn er nichts mehr geben kann,
Beschimpft als Geizhals unser Mann
Von denen, die alimentiert voran,
Bleibt jeder Wunsch nur schlimmer Wahn.

Arbeit ist das Salz der Suppe –
Auch für ein gutes Überleben!
Doch Ausbeutern ist das ganz schnuppe,
Die wollen nehmen – und nicht geben...

Je mehr nun in Hängematten
Handaufhaltend, liegend sind,
Desto dunkler werden Schatten –
Alsbald pfeift ein kalter Wind.

Denn wo nicht mehr Tagesarbeit
Menschen Essen, Trinken gibt,
Wird Notstand zum Geist der Zeit,
Weil niemand mehr Arbeit liebt.

Wo das Geld hinaus geschmissen,
Wahlrecht nur noch Anspruch kennt,
Werden wir sehr bald vermissen,
Was man Anstand, Freiheit nennt.

*

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Verkünstelungen

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Verkünstelungen

©Hans Hartmut Karg
2015

Wir zeigen Euch, was da noch geht
Und wie wir herrlich kochen können.
Bei uns der Haubenlöffel weht –
Wir können Höchstes für Euch wähnen!

Das Fleisch kommt nur aus Kobe,
Olivenöl von unsern Kretern.
Den Knoblauch, den ich immer lobe,
Haben Franzosen von den Medern.

Weinwelt – nicht unter 100 Euro,
Basilikum aus Reykjavik,
Ein wenig Kelp aus Nordens Teuro,
Die Südtrauben als Kernlosstück.

Damit wir auch immer gewinnen
Muss Flüssigstickstoff Wein umspülen,
Dann Blutwurst voller Edelspinnen
Und Käse, in dem Maden wühlen.

Dazwischen etwas Heuschrecke,
Gebraten und mit Senf verführt.
Zum Abend gibt es Weinbergschnecke
Mit Froschschenkel hell angerührt.

Gemahlner Mohn noch zum Menü,
Sandpfefferspreu, gell vom Saturn!
Und Buntgemüse von der Früh'
Kommt heute gar aus Solothurn.

Man weiß gar nicht mehr, was man soll,
Wenn man auch noch gewinnen will.
Da reichen weder Reis, noch Kohl,
Nicht Krüll, Griesbrei und Blättermüll.

*

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