Es ist ein schöner Sommer, wir geniessen die Zeit am See. S. ist bei uns zu Besuch und wir hoffen Mini-Baby möchte sein Gotti noch kennenlernen bevor sie wieder geht. Ich habe nun wirklich genug vom schwanger sein und fühle mich bereit für die Geburt. Am Tag vor der Geburt machen wir alle zusammen Witze, dass morgen, der 1. August, doch perfekt wäre für die Geburt. M. (mein Mann) geht noch einkaufen um die Zutaten für die Wochenbettsuppe schon mal da zu haben. Beim zubett gehen sagt er zu mir "Du weckst mich wenn du Wehen bekommst, ok?" Ich schmunzle innerlich und denke es wäre schön wenn das Baby bald kommt.
In der Nacht zum 1.8. : Ich wache auf und etwas ist anders. Meine Unterhose ist nass! Bin ich nun inkontinent? Ich gehe zur Toilette und wieder ab ins Bett. Bald wache ich wieder auf, die Unterhose schon wieder nass. Blasensprung oder Pipi? L. die Hebamme anrufen? Nein, lieber schlafen. Wenn die Geburt losgehen sollte ist es besser ausgeruht zu sein.
Am Morgen: Ich stehe auf, gut gelaunt. Also, ganz ganz fein zieht es schon manchmal im unteren Rücken, nass werde ich immer wieder ein bisschen. Ich rufe L. an. Ich soll etwas turnen und dann an der Binde riechen. S. und ich hören unser momentanes Lieblingslied " I'm too sexy", schwingen die Hüften und lachen. Jeah!
Ich kann leider nicht eindeutig sagen ob die Binde nun nach Fruchtwasser riecht. Aber der Schleimpfropf löst sich. Ich freue mich und hoffe das Baby kommt heute. M. geht mit E. (mein Erstgeborener) ins Dinosauriermuseum. Ich freue mich Zeit unter Frauen zu haben, möchte Spazieren gehen mit S. und hoffe so Wehen anregen zu können. Mit L. bleibe ich in Kontakt.
Wir gehen spazieren im Wäldchen nebenan, es ist sonnig und schön warm. Ich fühle mich voll Energie. Es ziept immer wieder in meinem Rücken, wie Mensschmerzen...S. wollte noch einen grossen Kraken auf den Bauch malen, aber mein Drang zu laufen ist stärker als umsere kreativen Projekte. Es gibt also nur noch einen klitzekleinen Kraken. Der Pinsel kitzelt den Bauch.
Mittag: Wir kommen vom Spazieren zurück, gerade pünktlich als L. aus ihrem schönen roten Bus steigt. Wir begrüssen uns, freuen uns und gehen in die Wohnung. Eindeutig Fruchtwasser sagt L.'s Nase. Das heisst: alles bereit machen für die Geburt und die Wehen ein wenig anstupsen. Unter Anleitung der Hebamme braut S. mir einen sehr leckeren Wehentee. Die "Mensschmerzen" im Rücken sind im Sitzen unangenehm, also bleibe ich lieber stehen und bewege meine Hüften. S. isst noch etwas, ich mag lieber nur Früchte essen und trinke vorsorglich viel. S. die Kräuterhexe und Küchenfee wird die Wochenbettsuppe kochen, das Hünchen fehlt aber. Also fährt sie los um eins zu besorgen. In dieser Zeit verpasst mir L. einen Einlauf zur Wehenanregung. Es funktionniert, das ziehen im Rücken nimmt ganz langsam aber sicher zu und es fühlt sich so langsam nach leichten Geburtswehen an. Ich weiss aber, dass diese noch viel stärker werden müssen.
M. und E. kommen nach Hause. Sie hatten einen erlebnissreichen Vormittag und nun bringt M. den kleinen grossen fast-Bruder zur Nachbarin. Draussen läuft gerade eine grosse Geburtstagsparty und E. spielt mit den anderen Kindern im Sandkasten. Ich bin froh zu wissen, dass es ihm gut geht und hoffe sehr das Baby kommt noch vor seiner Schlafenszeit. Im Moment sind die Wehen meiner Meinung nach aber leider noch viel zu schwach für eine baldige Geburt. S. kommt zurück mit Hünchen und fängt an in der Küche zu zaubern. Ich freue mich jetzt schon auf die Suppe! L. geht kurz nach Hause. In dieser Zeit mache ich mich frisch in der Dusche. Ich geniesse es meine Haare zu waschen und das kühle Wasser über mich fliessen zu lassen. Dabei spühre ich wie die Wellen immer häufiger werden und wie mein Körper fleissig arbeitet. Langsam fühle ich Müdigkeit über mich herkommen und lege mich auf das Sofa. Liegend kommen keine Wehen mehr, mein Körper ruht. Ich bin froh um die Pause und sammle Kraft.
L. ist wieder da und ich stehe auf. Stehend kommen wieder häufig Wellen und diese kann ich gut veratmen wenn ich meine Arme seitlich in den Türrahmen stosse. Die Suppe köchelt, M. und L. sind in der Küche und ich darf mich nochmals auf dem Sofa ausruhen. S. geht Freunde treffen. Ich schlafe fast ein zwischen den Wellen, welche nun auch liegend immer häufiger und vor allem immer intensiver kommen. Ich muss mich konzentrieren. Nun fühle ich mich etwas schwach und habe das Gefühl ich brauche Zucker. Ein bisschen übel ist mir auch. Ich stehe wieder auf um zu trinken und auf die Toilette zu gehen. Das wird alles langsam schwieriger. Meine Arme zittern beim stossen in den Türrahmen und für L. ist dies ein Anzeichen, dass die Geburt naht (erzählt sie mir im nachhinein). Dann bin ich mit M., der mich lieb umsorgt, wieder auf dem Sofa, die Wehen brauchen meine ganze Kraft und Aufmerksamkeit. L. fängt an alles für die Geburt zu richten. Zum Beispiel macht sie den Ofen an und legt Tücher hinein für das Baby. Ich denke mir dabei, dass es doch noch viel zu früh ist, Tücher müssen doch nicht 4/5 Stunden lang vorgewärmt werden...Die Wehen sind zwar eindeutig Geburtswehen, aber es reicht in meinem Empfinden noch gar nicht aus für eine baldige Geburt. L. möchte mich nun untersuchen. Ich denke mir "wenns sein muss", sage "das kann noch lange dauern bis das Baby kommt" und watschle zum Bett. Ich bin fast sicher, dass mein Muttermund noch kaum geöffnet sein wird. Ich höre wie L. zu M. sagt "sie hat noch ein bisschen Mühe mit loslassen". Da macht es klick in meinem Kopf...loslassen! Das tue ich jetzt.
L. untersucht mich, ich sei bei 3-4 cm Eröffnung. Die Wehen sind nun sehr intensiv. Ich werde immer lauter. L.'s Hände auf meiner Symphyse sind warm und wohItuend. Ich liege hier auf dem Bett und weiss gerade nicht wie ich da wieder hochkommen soll da die Wehen mir plötzlich keine Pausen mehr geben wollen. Ich frage L. ob man denn nicht etwa machen kann um wieder Pausen zwischen die Wehen zu bekommen. L. sagt mir ganz ernst "Das geht nicht, das Baby will jetzt ganz schnell kommen." Es war eigentlich gar nicht meine Vorstellung seitlich auf dem Bett liegend zu gebären. Egal. M. ist hinter mir, stützt mich und hält mein Bein, da der Kopf schon so im Becken liegt das ich meine Beine nicht mehr zusammenlegen kann. Ich fühle mich geborgen und mit Liebe umhüllt, trotz der Gewalt der Kontraktionen die jetzt durch meinen Körper fahren. Ich weiss mein Körper kann das. Ich freue mich auf das Baby. Ich muss so schreien, dass mein Hals schmerzt. L. hat zum Glück Bonbons! Ich fühle wie bei jeder Welle der Kopf tiefer kommt. Wow! Bald ist es soweit. Ich bin konzentriert, meine Schreie dehnen sich in die Länge. Hui, ich wusste nicht das ich soviel Luft aus den Lungen stossen kann! Plötzlich fühle ich Angst in mir aufkommen...Da muss der Kopf jetzt durch. L. gibt mir Kügelchen. Ich lege meine Hand auf meinen Scheideneingang, die Angst verfliegt. Komm Baby! Und da kommt der Kopf. Ich fühle ihn, ganz haarig und weich. Das ist das verrückteste Gefühl überhaupt... Es geht so schnell das ich versuche den Kopf ein wenig zurückzuhalten mit der Hand, um ihn langsam rausgleiten zu lassen, aber mein Körper und das Baby machen alles von alleine und schon ist der Kopf draussen! Unglaublich. Die Zeit steht still, plötzlich kommen keine Wehen mehr. Ich kann es kaum glauben, das schwierigste ist geschafft. Geduldig warten wir und dann gleitet das Baby ganz aus mir. Mein erster Gedanke: "Also so kann ich vier Kinder gebären!" L. entwickelt die Nabelschnur und gibt mir das winzige Kindlein. Schnell schnell ziehe ich noch mein Kleid aus um das Baby in Empfang zu nehmen. Ein Wunder! Ein kleines Mädchen!
Wir sind völlig verzaubert. L. kümmert sich um alles und wir Eltern bewundern unsere kleine Tochter. Die Plazenta kommt und ich habe keine Schmerzen. Es war eine leichte, schöne, unkomplizierte Geburt.
S. und E. kommen nach Hause. Der Moment an dem E. schüchtern und verwundert im Türrahmen in die Hocke geht, mit grossen Augen seine kleine Schwester entdeckt und sich langsam zu uns nähert werde ich nie vergessen. Jetzt kann ich die Tränen vor lauter Liebe und Freude nicht mehr unterdrücken. E. mein erstes Baby ist jetzt grosser Bruder. Zwei Kinder, zwei kleine Riesenwunder, zwei wunderschöne kleine Menschen! Wir schwimmen im Glück!
Kleine 1.August-Rakete / Hausgeburt
Moderator: Phönix
Re: Kleine 1.August-Rakete / Hausgeburt
Wow. Sehr schön geschrieben! Toll.
Unser Schatz, ein Osterhäsli 2019
Re: Kleine 1.August-Rakete / Hausgeburt
*** HEUL *** was für eine wunderschöne Geburtsgeschichte!! Zu diesem Zeitpunkt lag ich im Spital in den Wehen, unser Sohn kam am 2. August Ganz herzliche Gratulation zu eurem Sonnenschein. Es ist wirklich ein Wunder, gäll Herzlichst ♥
Grosses Schlitzohr 08/2019
Noch grösseres Schlitzohr 03/2022
Noch grösseres Schlitzohr 03/2022