Prinzessin auf der Erbse – die Geburt auf dem Kissenturm

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sojo
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Prinzessin auf der Erbse – die Geburt auf dem Kissenturm

Beitrag von sojo »

Meine Kleine wird diese Tage 2 Jahre alt und so habe ich mal wieder den Geburtsbericht hervor gekramt. Und irgendwie ist das Erlebnis einfach zu schön um es nicht zu teilen :mrgreen: Und wen es interessiert, die erste Geburt gibt es hier: http://www.swissmomforum.ch/viewtopic.php?f=21&t=140942


Ich hatte mich sehr auf diese zweite Schwangerschaft gefreut, hatte ich doch die erste mit meiner großen Tochter so sehr genossen. Aber irgendwie war die ganze Zeit ziemlich mühsam, am Anfang die starke Übelkeit, später regelmäßige Migräneattacken und schon früh und bis zum Ende zunehmend starkes Sodbrennen, Restless Legs, Beckenschmerzen, Stimmungstiefs und noch einiges mehr. Trotzdem war es natürlich toll die Kleine in mir zu spüren und es gab viele schöne Momente, zum Beispiel beim Schwangerschaftsyoga, wo ich die Zweisamkeit so richtig genießen konnte. Aber ich wusste ja schon, wie schön es ist so ein kleines Baby dann auch wirklich im Arm zu haben, und so sehnte ich das Ende der Schwangerschaft immer mehr herbei! Als ich dann drei Wochen vor dem Termin eine richtig schlimme Bronchitis bekam, ging es mir ziemlich elend und ich wollte unbedingt erst wieder fit werden für die Geburt. Ich bat meine Mama jetzt schon zu uns zu kommen um mich ein wenig zu entlasten und war sehr froh als sie da war. Auch weil es mir sehr wichtig war, dass sie die Betreuung unserer Großen während der Geburt übernehmen würde, die Trennung von uns würde ihr mit ihrer ausgeprägten Trennungsangst sowieso schon schwer genug fallen. Als ich nach zwei Wochen langsam über den Berg war, war ich dann wirklich bereit. Im Schneckentempo rückte der errechnete Termin, der 12.03. näher...

Mittwoch, 05.03.2014

An diesem Tag ging ich zum dritten Mal zur geburtsvorbereitenden Akupunktur. In der Nacht zuvor hatte ich zum ersten Mal gespürt, dass etwas passiert. Keine Wehen mit merklichem Anfang und Ende, eher so ein ständiges Ziehen mit Aufs und Abs. Die Hebamme hatte eine sehr rabiate Art die Nadeln zu setzen, war aber nett. Ich erzählte ihr von meinen vielen Beschwerden und von der letzten unruhigen Nacht. Sie bot mir an, mich zu untersuchen und je nach Befund den Muttermund ein wenig zu stimulieren. Das könnte den Geburtsbeginn etwas beschleunigen aber nur, wenn sowieso alles bereit wäre. Die Untersuchung ergab, dass ich bereits 2 cm eröffnet war. Das stimmte mich hoffnungsvoll, da ich ja noch nicht einmal wirklich spürbare Wehen gehabt hatte. Sie stimulierte dann wie versprochen mit Nelkenöl und löste die Eihäute und ich ging mit dem Gefühl nach Hause, dass es tatsächlich jederzeit losgehen könnte.

Am Abend kam dieses seltsame Ziehen wieder und ich versuchte, in den Aufs und Abs der Intensität irgendein Muster zu erkennen und Abstände zu messen. Dabei kam ich auf einen ziemlich regelmäßigen Abstand von 3 Minuten und war mir plötzlich unsicher, ob das nicht doch schon richtige Wehen sein könnten!? Mein Mann und meine Mama sahen mich schon im Gebärsaal, aber zum Glück beschloss ich erstmal ein Bad zu nehmen. Und siehe da, kaum im warmen Wasser verschwanden die „Wehen“ komplett und kamen auch an diesem Tag nicht wieder.

Donnerstag, 06.03. bis Sonntag, 09.03.

Jetzt saßen alle um mich herum wie auf heißen Nadeln und stressten mich mit ihrem ständigen Fragen wie es mir geht und ob sich denn nichts tut. Ich spürte nun zwar hin und wieder eine echte Wehe, aber die Abstände waren noch extrem groß und schon gar nicht regelmäßig. Und ich wusste ja von der ersten Geburt, dass es noch sehr viele Tage dauern konnte. Von Tag zu Tag nahm die Häufigkeit und die Stärke der einzelnen Wehen zu, aber eine Regelmäßigkeit war überhaupt nicht zu erkennen. Zumindest herrschte bereits das allerschönste Frühlingswetter und ich versuchte es zu genießen.

Montag, 10.03.

Immer noch das gleiche Bild. So langsam waren auf meiner To-do-vor-der-Geburt-Liste auch schon die meisten optionalen Punkte abgearbeitet und ich war wirklich mehr als bereit und wollte endlich mein kleines Mädchen in die Arme schließen! Die Wehen waren inzwischen schon so stark, dass selbst mit konzentriertem Veratmen eine gewisse Giftigkeit blieb und der Schmerz richtig in die Oberschenkel hinabzog. So ähnlich hatte es sich bei der ersten Geburt angefühlt, als ich schon 5 cm eröffnet war! Aber auch zum Abend hin wollten die Wehen nicht häufiger kommen und frustriert ging ich zusammen mit meiner Tochter früh ins Bett, ich war sowieso übermüdet von den schlechten Nächten.

Plötzlich wachte ich von einer starken Wehe auf. Noch zwei so starke Wehen kamen in Abständen von je 3 Minuten, aber dann war wieder komplett Ruhe. Während der Wehen hatte ich jeweils das starke Gefühl, dass ich dringend ins Spital fahren sollte, aber als sich die anschließende Pause wieder länger und länger zog kam ich mir bei dem Gedanken ziemlich lächerlich vor. Na toll, und jetzt?? Ich besprach die Lage mit meinem Mann und wir beschlossen in der Gebärabteilung anzurufen und die Situation zu schildern. Die Hebamme am Telefon meinte, wir sollten doch einfach mal zu einer Untersuchung vorbeikommen, dann wüssten wir woran wir sind.

Gegen 23h trafen wir im Spital ein. Auf dem Weg vom Auto zur Gebärabteilung veratmete ich einige stärkere Wehen. Eine Hebamme führte uns in ein Untersuchungszimmer und sagte uns, sie hätten gerade Übergabe und die Hebamme von der Nachtschicht würde gleich kommen, ein CTG schreiben und eine Untersuchung machen. Gegen 23:30h kam dann die neue Hebamme und war uns gleich sympathisch. Sie hängte mich für eine halbe Stunde ans CTG. Darauf war genau - nichts zu erkennen, natürlich hatte ich keine einzige Wehe in dieser Zeit. Das lag auch daran, dass ich hauptsächlich im Stehen bzw. beim Aufstehen Wehen hatte, im Liegen war meistens Ruhe. Die Hebamme meinte, das sehe ja noch nicht nach Geburtsbeginn aus, aber sie würde mich jetzt trotzdem mal untersuchen. Und siehe da, der Muttermund war bei 5cm, ein Hals jedoch noch vorhanden, und die Hebamme war beeindruckt von meinem Körpergefühl, dass ich das so gut gespürt hatte 8) Mit diesem Befund würden sie uns natürlich da behalten meinte sie, die Ärztin käme noch für einen Ultraschall vorbei und dann könnten wir in den Gebärsaal umziehen und mal schauen, wie wir die Wehen ein bisschen anregen könnten.

Di, 11.03.2014

Inzwischen war es nach Mitternacht. Beim Ultraschall konnte die Ärztin sehen, dass das Köpfchen noch nicht gut im Becken eingestellt war, das Baby war in Sternengucker-Position, was sich aber unter der Geburt noch gut ändern könnte. Das Köpfchen ließ sich nicht richtig vermessen und so konnte sie keine Gewichtsschätzung abgeben. Wir versuchten uns von dem Befund nicht verunsichern zu lassen und wechselten guten Mutes in den Gebärsaal. Dort war die Decke mit Wolken und Heißluftballonen bemalt, was mich sofort an die Yoga-Entspannungsübungen aus meinem Schwangerschafts-Kurs denken ließ, ein gutes Vorzeichen? Die Wehen waren weiterhin stark aber unregelmäßig, so dass wir zwischendurch immer wieder Zeit zum Plaudern, Fotografieren etc. hatten. Ich versuchte, die Wehen durch Herumgehen anzuregen, so kamen sie auch deutlich häufiger. Die Hebamme hängte mich ans mobile CTG um zu sehen, wie das Baby auf die Wehen reagiert. Die Herztöne waren gut, aber die Wehen wurden nicht wirklich aufgezeichnet. Die Hebamme riet mir, mich während der Wehen in eine nach vorne gelehnte Haltung oder in Seitenlage zu begeben, um dem Baby die Drehung ins Becken zu erleichtern. Und so veratmete ich die Wehen mehrheitlich von außen auf den Wannenrand gestützt oder auf dem Gebärbett auf der Seite liegend. Das ging zwar ganz gut, aber im Vergleich zur ersten Geburt war es doch weniger angenehm. Damals waren die Wehen sehr regelmäßig und der Körper vollgepumpt mit Endorphinen gewesen, ich hatte mich so richtig hineinsteigern können. Auch war ich lange im Wasser gewesen, was ich als sehr wohltuend empfunden hatte. Jetzt riet mit dir Hebamme davon ab in die Wanne zu gehen, da die Wehen mit ziemlicher Sicherheit noch schwächer und unregelmäßiger werden würden...

Es war ziemlich seltsam diese langen Wehenpausen zu haben (gefühlsmäßig vielleicht so 5 Minuten lang), wo ich mich völlig normal fühlte, und dann wieder eine richtig intensive Wehe zu haben. Ausgefüllt sein, fast überwältigt sein, von diesem wahnsinnigen Ziehen im Bauch, im Rücken, in den Beinen... Sich in einem anderen Zustand zu befinden, bis die Welle abgeebbt war und sich die Normalität wieder breit machte... Ich war positiv gestimmt und nahm die Situation so an wie sie war. Trotz der eher unangenehmen Wehen hieß ich sie innerlich willkommen, konzentrierte mich auf das Atmen und auf das Entspannen des Beckenbodens und stellte mir vor, wie mich jede Wehe näher zur Geburt brachte. Ich hatte das Gefühl, gut mit meinem Körper zu arbeiten.

Gegen 03:00h untersuchte mich die Hebamme nochmals. Ich war mir eigentlich sicher, dass die Wehen etwas gebracht hatten, irgendwie hatte sich auch der Druck nach unten verstärkt. Aber dann machte sich Ernüchterung breit, der Befund war praktisch unverändert, nicht einmal der Gebärmutterhals war zurück gegangen und der Kopf war weiterhin noch relativ weit oben. 3 Stunden starke Wehen hatten gar nichts gebracht. Die Hebamme meinte, dass meine Wehen wahrscheinlich nicht stark genug seien und das Kind nicht richtig nach unten drückten. Wir könnten noch ein bisschen warten, aber wenn es nicht vorwärts ginge würde ich einen Wehentropf brauchen. Das gab mir ein ziemlich mulmiges Gefühl. Ich wollte doch so gerne wie beim ersten Mal eine Geburt ohne Medikamente und Schmerzmittel erleben. Ich malte mir alles in den schwärzesten Farben aus, sah schon die Interventionskaskade vor mir: Wehensturm, PDA, Kaiserschnitt... Ich besprach meine Bedenken mit meinem Mann und dann auch mit der Hebamme und sie beruhigte uns erstmal, dass man einerseits das Wehenmittel sehr gut dosieren könne, so dass es nicht zum Wehensturm kommen würde und dass wir aber sowieso noch Zeit hätten und vielleicht würde sich ja von alleine noch etwas tun. Sie gab mir irgendwelche Globuli zur Wehenanregung. Da glaube ich zwar sowieso nicht dran, aber ein bisschen Zucker konnte ich schon gebrauchen :mrgreen:

Jetzt gaben wir uns noch mehr Mühe, die Wehen anzuregen und die Drehung des Babys zu fördern. Innerlich war ich aber ziemlich demotiviert und machte mir auch Gedanken um unsere Große. Wie würde sie beim Aufwachen ohne uns reagieren? Was wenn es noch den ganzen Tag oder länger dauern würde? Ich war mental ziemlich blockiert. Wir besprachen uns wieder und trafen die Entscheidung, dass wir es dann doch bald mal mit den Wehenmitteln probieren würden um vorwärts zu machen, aber das war eher eine Kopfentscheidung, ich fühlte in diesem Moment nicht so wirklich die Kraft in mir, das durchzustehen. Ich war frustriert und sehr sehr müde.

Nach etwa einer Stunde untersuchte mich die Hebamme ein weiteres Mal. Sie konnte eine leichte Veränderung feststellen, der Hals war etwas verstrichen und der Kopf ein klein wenig tiefer im Becken. Ein Durchbruch war das noch nicht, aber sie besprach sich mit der Ärztin und sie waren der Meinung, dass wir schon noch abwarten könnten. Jetzt wo sich etwas getan hatte, wollten wir es auch selbst noch ein wenig probieren. Die Hebamme fragte, ob ich noch etwas schlafen wolle was ich verneinte, ich wollte lieber vorwärts machen. Aber als wir wieder alleine waren, übermannte mich die Müdigkeit und ich begann zwischen den Wehen wegzudämmern. Da richtete die Hebamme auch für meinen Mann eine Liege her und ich schlief tatsächlich richtig ein. Das war so gegen 04:00h.

Gegen 05:30h erwachte ich und fühlte mich total erfrischt und voller Energie! Mein Mann stand ebenfalls auf und ich begann wieder umherzugehen, um die Wehen anzuregen. Jetzt war ich bereit diese Geburt anzugehen, egal ob mit oder ohne Wehenmittel! Die Wehen kamen jetzt auch immer häufiger und endlich regelmäßiger. Da erhielten wir eine SMS von Mama, dass die Große nach dem Aufwachen nur kurz geweint habe und jetzt bereits vergnügt spiele. Da war ich richtig erleichtert und spürte, wie ich diesen inneren Stressfaktor endlich loslassen konnte.

Jetzt kamen die Wehen in einer neuen Stärke. Im Geburtsbericht des Spitals wurde dieser Zeitpunkt nachher als der eigentliche Geburtsbeginn definiert. Die Schmerzen zogen jetzt richtig fies in die Oberschenkel hinab. Ich bat meinen Mann bei jeder Wehe dort Gegendruck zu geben, das half ziemlich gut und er übernahm diese Aufgabe mit großer Ausdauer. Innerlich freute ich mich über jede Wehe, hieß sie willkommen und versuchte mich weiter aufs Atmen und aufs Loslassen zu konzentrieren. Die Hebamme hängte mich wieder mal ans CTG, das trotz liegender Position keine richtigen Wehen aufzeichnete. Dem Baby ging es weiterhin gut. Um 6:15h wieder eine Untersuchung: 6cm geöffnet, Hals verstrichen, Kopf besser gedreht. In dieser kurzen Zeit war also einiges gegangen und die Wehen waren endlich stark und regelmäßig. Wir machten also einfach weiter, ich tigerte umher, stützte mich bei den Wehen nach vorne gebeugt ab und mein Mann umarmte mich von hinten und gab Gegendruck (der Winkel war ungünstig für ihn und er hatte am nächsten Tag richtig Muskelkater...). Wie schon während der ganzen Nacht musste ich häufig auf die Toilette gehen, weil ich viel Wasser trank und mich mit voller Blase nicht richtig entspannen konnte.

Die Wehen nahmen immer noch an Intensität zu und ich legte mich aufs Bett um mich ein wenig zu erholen. Ich sagte der Hebamme, dass ich jetzt doch gerne mal in die Wanne gehen würde und sie begann das Wasser einzulassen. Es war kurz vor 7:00 Uhr und der Schichtwechsel stand bevor. Sie untersuchte mich ein weiteres Mal, ich war bei 8-9cm, es ging richtig schön vorwärts! Sie würde jetzt die Übergabe machen und dann würde die neue Hebamme kommen und ich könnte ins Wasser.

Ich lag noch auf dem Bett und veratmete die Wehen im Liegen, da kam plötzlich eine Wehe, die eine neue Qualität hatte: ich hatte zum ersten Mal den Drang zu Pressen. Sogleich klingelte ich die Hebamme herbei, ich hatte das dringende Bedürfnis sie bei uns zu haben. Sie kam und meinte, sie würde mich gleich untersuchen und ich wollte davor schnell nochmals auf die Toilette gehen. Ich stand also vom Gebärbett auf, da war es genau 07:15h...

Wie immer übermannte mich beim Aufstehen sofort eine starke Wehe, ich war darauf gefasst gewesen und stützte mich auf das Regal vor mir, auch mein Mann war schon hinter mir und hielt mich. Aber diese Wehe hatte es in sich! Stärker als alle vorherigen, sprengte sie direkt die Fruchtblase, das Fruchtwasser entleerte sich über unsere Füße und wir standen in einer glitschigen Lache, ich barfuß. Die Wehe ging direkt in eine heftige Presswehe über. Es war eine wahnsinnige Naturgewalt, die mich erfasste, ich konnte nicht mehr denken, nichts mehr steuern, ich spürte nur noch wie sich das Kind in einem Wahnsinns-Tempo durch den Geburtskanal schob! Die Hebamme hatte die Situation gleich erfasst und klingelte Hilfe herbei, und so kamen eine weitere Hebamme und zwei Ärztinnen hinzu, da ja gerade Schichtwechsel war. Eine hielt mich am linken Arm, eine am rechten, mein Mann von hinten und die anderen schichteten hastig einen richtigen Kissenturm zwischen meinen Beinen auf um das Baby in Empfang zu nehmen. Dann war die Wehe zu Ende und der Kopf war etwa bis zu den Augenbrauen ausgetreten. Ich atmete total hektisch und tönte recht laut dabei, weil der Druck und der Dehnungsschmerz echt heftig waren. Eine Hebamme redete beruhigend auf mich ein und brachte mich dazu, meine Atmung wieder etwas zu verlangsamen und unter Kontrolle zu bringen. Ich realisierte, dass es die bekannte Hebamme von der Akupunktur war und freute mich trotz ihrer etwas rabiaten Art sie zu sehen. Sie wollten mich noch auf den Maya-Hocker dirigieren und das wäre auch gut gewesen, da ich barfuß im Fruchtwasser überhaupt keinen Halt hatte, aber ein Positionswechsel war für mich unvorstellbar. Eine der Frauen gab die Anweisung, das Kind trotz der stehenden Position gut zu entwickeln. Und dann gab es ein paar Momente wo gar nichts passierte, es gab nur meinen Körper und diesen unglaublichen Druck, diese Ausgefülltheit, und die Zeit dehnte sich ins Unendliche während ich auf die nächste Wehe wartete...

Endlich war sie da und ich wollte das Kind einfach nur noch draußen haben und drückte und presste mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte. Und dann glitt es aus mir hinaus und ich spürte alles im Detail, den Kopf, die Schultern, den restlich Körper. Und dann richtete ich den Blick nach unten und sah ein kleines, noch etwas bläuliches Menschlein aus mir hinaus auf den Kissenturm gleiten. Wow – was für ein Moment die Geburt mit allen Sinnen so genau zu erfassen! Es war 07:21h, nur 6 Minuten waren seit dem Platzen der Fruchtblase vergangen. Die Hebammen halfen mir das Baby aufzunehmen. Da stand ich mit zitternden Händen immer noch in der Fruchtwasser-Lache und hatte dieses unsagbar kostbare kleine Menschlein im Arm! Schnell ein Blick zwischen die Beine, es war wie erwartet ein Mädchen, unsere Stella Alissia :D

Die Hebammen dirigierten mich auf den Mayahocker, endlich hatte ich nicht mehr das Gefühl gleich Auszurutschen! So konnte ich mich ein wenig entspannen und wir bestaunten in Ruhe unser kleines Wunder. Ich sagte überwältigt zu meinem Mann, dass ich ihm jederzeit auch noch ein drittes Kind gebären würde wenn er möchte :lol: Dann halfen sie mir aufs Gebärbett für die Nachgeburt. Mir wurden Wehenmittel über den Zugang verabreicht und die Plazenta kam dann auch schnell und vollständig. Vielleicht wäre es auch hier besser gewesen, man hätte der Natur seinen Lauf gelassen? Bei der ersten Geburt hatte ich mir die Plazenta nicht angeschaut und wollte das jetzt nachholen. Ein seltsamer und gleichzeitig beeindruckender Anblick. Anschließend kontrollierte mich die Ärztin auf Verletzungen. Trotz der rasanten Geburt hatte ich nur eine kleine Schürfung, die nicht genäht werden musste. Inzwischen hatte ich die kleine Stella schon angelegt und sie nuckelte ganz friedlich an meiner Brust. Ich war im Glücksrausch und weinte ein paar Freudentränen :D

Dann begann die Hebamme immer wieder auf meinem Bauch herumzudrücken. Jedes Mal kam wieder ein großer Schwall Blut und nach einigen Malen war klar, dass etwas nicht ganz normal lief. Die Gebärmutter konnte sich nicht zusammenziehen und sog sich immer wie ein Schwamm voll Blut, das herausgedrückt werden musste. Diese Gebärmutter-Atonie war wahrscheinlich durch die schnelle Geburt verursacht worden, wie uns die Hebamme erklärte. Sie rief wieder die Ärztin hinzu. Durch Massieren der Gebärmutter über den Bauch konnte man sie klein halten und die Blutung reduzieren, und so war immer eine der beiden damit beschäftigt, während die andere Medikamente holte und dergleichen. Ich bekam eine Infusion mit Wehenmittel angehängt und als das auch noch nicht den gewünschten Effekt hatte, noch ein weiteres Medikament per Zäpfchen verabreicht. Außerdem leerten sie meine Blase per Katheter, was es der Gebärmutter erleichtern sollte, sich zusammen zu ziehen. Das war etwas unangenehm, aber wirklich schmerzhaft war das Drücken auf meinen Bauch. Es war ein seltsames und beunruhigendes Gefühl, ständig schwallartig zu bluten, aber sie hatten die Lage anscheinend gut im Griff, auch mein Blutdruck war jederzeit in Ordnung und ich fühlte mich relativ normal. Immerhin hatte ich die ganze Zeit mein süßes Baby im Arm und das Kuscheln lenkte mich gut ab 8) Irgendwann stabilisierte sich die Situation, die Gebärmutter hatte sich durch die Medikamente fest zusammengezogen und das blutige Schlachtfeld wurde beseitigt. Ich hatte laut ihrer Schätzung knapp einen Liter Blut verloren.

Sie halfen mir mich ein wenig frisch zu machen und dann wurde ich bequem gebettet, nur ein Kopfkissen hatten sie keines mehr für mich, die hatten sie alle für den Kissenturm unserer Prinzessin auf der Erbse verbraucht :lol: Ich bekam ein Frühstück serviert, über das ich mich völlig ausgehungert und zittrig hermachte. Stella wurde daneben untersucht und vermessen und vom Papa angezogen. Ihr ging es sehr gut, nur das Gesicht war ein wenig gerötet, gestaut wie sie sich ausdrückten, weil sie in der Wehenpause zwischen den zwei Presswehen etwas eingeklemmt gewesen war. Auch der erste Agpar-Wert war deswegen nicht ganz optimal, aber davon hatte ich nichts mitbekommen und inzwischen hatte sie sich längst erholt und nun schlief sie satt und zufrieden ein :D

Alles war in Ordnung und gut überstanden und auch der Wunsch nach einer natürlichen Geburt ohne Schmerzmittel war wieder in Erfüllung gegangen, auch wenn die Nachgeburtsphase zwischendurch etwas hektisch geworden war. Wir waren beim Anblick unserer kleinen süßen Tochter aber natürlich sowieso einfach nur überglücklich!!!

Da keine weiteren Komplikationen auftraten, durften wir wie gewünscht bereits nach einer Nacht das Spital verlassen. Wir waren etwas erschöpft, aber einfach nur von Glück erfüllt und unsagbar dankbar für unsere beiden gesunden, süßen, wunderbaren, einzigartigen Mädchen!!!

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Minchen
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Re: Prinzessin auf der Erbse – die Geburt auf dem Kissenturm

Beitrag von Minchen »

Liebe sojo
So ein wunderschöner Geburtsbericht, du hast eine wunderbare Art zu Schreiben und dich auszudrücken, so dass man sich alles plastisch vorstellen kann.
Eure kleine Stella Alissia ist ja nun auch bald schon 2 Jahre alt! :)
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Trochantor
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Re: Prinzessin auf der Erbse – die Geburt auf dem Kissenturm

Beitrag von Trochantor »

sehr schön geschrieben, spannend zu lesen
euch weiterhin alles gute zu 4.
Trochantor mit Boy 2007 und Girl 2009

angelina-a
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Re: Prinzessin auf der Erbse – die Geburt auf dem Kissenturm

Beitrag von angelina-a »

danke für deinen bericht! hast du in der zwischenzeit noch einmal geboren - wie deinem mann angeboten :D ?
Büebli: Mitte Februar 2016

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