Ich unterrichte nun schon einige Jahr im Aargau. Und ich tue mich immer mal wieder schwer mit der Promotion.
Im Aargau hat die Promotion klar selektiv zu erfolgen. Es ist vorgegeben, dass eine Lehrperson mindestens so viele Belege für das Lernen vorweisen kann, wie es Wochenlektionen in diesem Fach gibt.
Dies im Semester. Das heisst bei drei Lektionen Sport muss ich drei Beurteilungen vornehmen, ob ich das will oder nicht und diese haben einerseits förderorientiert zu geschehen, wie auch selektiv.
Und dann gibt es neben den gesetzlichen Bestimmungen auch noch Erwartungen. MamaX hat einen Sohn mit sportlicher Begabung, sie wünscht sich Noten vor allem im Fussball, da ist er gut und Weitwurf geht auch noch. Was er gar nicht mag, sind die Geräte, warum seine Lehrerin so viele Geräteturnnoten macht? Die Mama des Kunstturnmädchens nervt sich aber ab den Fussballnoten, das ist ja kein rechter Sport. Die Leichtathleten haben nochmal andere Beüdrfnisse.
Der Lehrplan ist recht offen gestaltet. Grundsätzlich geht es um allgemeine motorische Erfahrungen und dass sich die Kinder da weiterentwickeln. Ich kann nun einfach Turnprüfungen machen im Sinne von Weitsprungnote, Hochsprungnote, schnelllauf und Weitwurf. Damit habe ich schon vier Noten, ohne grossen Aufwand. Ein wenig üben, dann drei Würfe, Note setzen gut ist. Das ist wenig Aufwand, Förderorientierung ist minimal, so what.
Ich kann aber auch gezielt an Zielen arbeiten, den Kindern einige Dinge vorzeigen, die üben und ihnen klar machen, dass wir das trainieren und es dann einen Test gibt. So kann ich zum Thema drehen ganz viele verschiedene Posten machen und mit den Kindern üben. Ich kann dann förderorientiert beobachten, was können sie am Anfang und mir Notizen machen und dann am Schluss, was sie dazu gelernt haben protokollieren. Das wäre wunderbar förderorientiert. Damit tun sich dann die Mütter schwer. Weil X schon alles konnte, hat er keinen Fortschritt gemacht, aber was hätte er auch noch lernen können? Und Y die noch gar nichts konnte, nichtmal eine Rolle Vorwärts schaffte konnte somit auch am meisten lernen, damit ist ihr Fortschritt der Gröste. Unfair, oder nicht?
Oder ich kann einfach sagen, das müsst ihr können und ich messe am Schluss, wie nahe ihr an die Vorgabe gekommen seid. Das wäre dann wunderbar selektiv, mit Förderorientierung indem ich ihnen helfe dahin zu kommen. Aber das hat den Nachteil, dass die Kinder ständig merken, was sie noch nicht können und dass es Kinder gibt, die schon alles können.
Aber mal ehrlich, so ist doch Schule. Unsere Jüngste ist in der Schule ein Überflieger, die kann immer alles schon. Im Sport nicht. Somit ist sie da öfter mal etwas frustriert. Und dass die Jungs auch noch immer stolz sind darauf, wenn sie besser sind als die Mädchen ist doch auch logisch.
Solange wir Noten setzen müssen und das in allen Fächern ab der zweiten Klasse, so lange werden Kinder mit Frust umgehen müssen und so lange hängt es halt auch von der Lehrperson ab, wie sie gewichtet und was sie bewertet.
Wenn es einem Kind aber wirklich verleidet, kann man eine Lehrperson sicher darauf ansprechen. Manchmal bräuchte es nicht viel und dem Kind würde es besser gehen. Manchmal muss man einfach auch hören, dass es nicht für alle Kinder stimmt. Ich versuche wirklich die Beurteilungen so zu machen, dass ich den Kindern ihre Fortschritte aufzeige, auch wenn es halt dann als Gesamtbeurteilung nicht top war, so tut es ihnen doch gut, zu sehen, was sie dazu gelernt haben. Aber ich muss ja die Noten so machen, dass sie etwas darüber aussgen, wo das Kind in Bezug auf eine Altersnorm, oder Schuljahrgansnorm stehen. Das Leidige an der Sache ist, dass wir damit immer wieder Kinder überfordern, oder halt frustrieren, weil es in diesem Bezugsrahmen nicht reicht und dass wir auch kaum gescheite Aussagen darüber machen, was Kinder sonst noch könnten. Gerade Hochbegabte Kinder sind dann zwar vielleicht Klassenbeste, aber sie können selten zeigen, was sie noch mehr können, als das, was gefordert ist.
Auch wenn es Modelle gibt, Lehrplan 21 gäbe es ja vor mit den Kompetenzen, so ist das in der Praxis sehr schwierig. Für Eltern ist das oft unverständlich und es braucht sehr viel Arbeit, bis Eltern die Arbeit mit Kompetenzrastern mitmachen. Und als Lehrperson ist es auch schwierig, weil es sehr Zeitaufwändig ist.
Ich könnte die Kinder nämlich auch einfach an Stationen Turnen lassen, mit klaren Vorgaben und dann beobachten und notieren, was ich sehe und wo sie im Kompetenzraster drin stehen. Damit erreiche ich, dass es die klassische Prüfungssituation nicht mehr gibt. Ich beobachte die Kinder mehrmals zum gleichen Bereich und mache eine Aussage darüber, wo sie am Anfang standen und wie sich ihre Fähigkeit entwickelt hat. Andererseits hat es den Nachteil, dass die Kinder sich ständig beobachtet und beurteilt fühlen.
Ihr seht, egal was wir tun, man kann alles so oder anders sehen. Und so verschieden, wie Lehrer Beurteilungen vornehmen, so verschieden wünschen sich die Eltern die Beurteilung. Zum Glück gibt es doch immer mal wieder einen Lehrerwechsel, so kann ein Kind verschiedene Erfahrungen machen und hoffentlich auch mal einen postiveren Zugang zum Sport entwickeln.