Dr. Karg Gedichte / Teil 2

Moderator: Phönix

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Hans Hartmut Karg
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Die Besteigung

Beitrag von Hans Hartmut Karg »

Die Besteigung

©Hans Hartmut Karg
2015

Die Besteigung des Mt. Everest war immer vielen zu niedrig,
Deshalb bestiegen sie in Griechenland lieber den Olymp.
Das allerhöchste ist vielleicht nur den Sanften widrig,
Der Ehrgeizige meint, das Höchste sei ihm selbst bestimmt.

Wenn ich die Bergmassive stille so besehe,
Wird mir schon angst und bang im planenden Versuch.
Sowie ich da konform mit Anspruchsvollen gehe,
Fühl´ ich mich stark – und ohne jeden Ruch.

Denn du allein, mein Anspruch, forderst Liebe,
Ziehst mich nun hoch – setzt mich schachmatt.
Da helfen auch kein Überich, kein Es und keine Triebe,
Nicht stellvertretend´ Flehen an des Helfers Statt.

Wir alle leben schon auch für die Hochbesteigung,
Damit Erfolg fein flatternd aus den Himmeln winkt.
Doch mancher übersieht dabei die wilde Treibung,
Wenn ihm der eigne Augenstern im Nichts versinkt.

Nur wer brav-zärtlich andere beglücke,
Weil sehnsüchtiges Streicheln in den Händen,
Der akzeptiert gemeinsam die entstandne Lücke,
Wo andere nur höchste Gipfel in den Lenden.

Ich liebe Dich, weil Du mich nimmst, so wie ich bin,
Weil ich die Berge nie besteigen muss.
Denn unser Leben hat auch im Verzicht den Sinn,
Dass höchste Gipfelung ein Liebeskuss.

*

Hans Hartmut Karg
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Tod meiner Mutter

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Tod meiner Mutter

©Hans Hartmut Karg
2015

Als sie nicht mehr leiden konnte,
Drehte sie sich hin zur Wand,
Die der Sensenmann bewohnte,
Dem sie langsam gab die Hand.

Und doch sollte das Abwenden
Nur bewahren ihre Würde,
Noch einmal Botschaft versenden:
Schönheit ist im Tod nie Hürde.

Da war die Hals-/Nackenpartie,
Die ihr stets Jugendsein bescherten,
Den Sommer, Sonne, Winterschi,
Wo sich die Lebenslüste mehrten.

Sterben, Tod müssten nicht sein,
Blieb sie doch immer lebenshungrig.
Das Leben griff ins Leben ein,
Es war nicht traurig, war nicht schummrig.

Nun seufzte sie ein letztes Mal,
Sie stöhnte, wenn man sie berührte,
Herein fiel noch ein Sonnenstrahl,
Der sie ein Leben lang verführte.

Die Atmung wurde langsam, schwer,
Und mit dem letzten Hochaufbäumen
Kam Sensenmann nah zu ihr her –
Und so schwand auch ihr letztes Träumen.

Sie lag nun still, doch voll im Glanz
Der späten Frauenschönheit.
Die Ewigkeit hatte sie ganz,
Gefallen aus dem Tag, der Zeit.

*

Hans Hartmut Karg
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Januar

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Januar

©Hans Hartmut Karg
2015

Die Schneepracht rutscht
von den Modulen,
so gibt es wieder
Sonnenstrom.
Das Jahr wächst,
streckt die jungen Glieder,
die Sonne wird nun
Menschenlohn.

*

Hans Hartmut Karg
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Ein Kleine Nachtmusik

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Eine Kleine Nachtmusik

©Hans Hartmut Karg
2015

Sanft lässt sie Dich wieder schlummern,
Leise lässt sie wach Dich werden,
Trägt nun Ruhe in das Schummern,
Schafft zu Zeiten auch das Werden.

Wie kann man so etwas schaffen:
Melodie als Himmelsmacht,
Gegen alle Alltagswaffen,
Gegen alle Todesnacht?

Spätwerk musste sie so sein,
Gleich den reifen Jüngling zeigen,
Schwebender im Tonblick sein,
Ganz der hohen Gottheit eigen.

Lebensfülle, Tönetrost –
Da ist alles eingewoben,
Und nichts ist, das mehr erbost,
Alles zeigt zu DEM da droben.

Wer bis jetzt nicht wach,
Diesen werden Töne wecken,
Geben Seele Dach und Fach,
Werden die Gemüter necken.

Die Musik ist ja so zärtlich,
Herrlich Deinen Tag umwerbend,
Dass im Hören siehst Du mich,
Im Genuss wir nicht mehr sterbend.

*

Hans Hartmut Karg
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Die Greisin

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Die Greisin

©Hans Hartmut Karg
2015


Sie lag so still in ihrem Bette
Diskutiert´ ihr ganzes Leben.
Mancher war da nicht der Nette,
Doch ist es dann so halt eben.

Mit Neunzig längst im Altenheim
Hatte die Zeit sie stets zum Grübeln.
Sie unterschied jetzt Sein vom Schein,
Konnte nichts mehr echt verübeln.

Ein Sklavenleben hatte sie,
Als Magd ward sie unten geboren,
Doch Gott ihr viel Gesundheit lieh –
Sie ward zur Ahnherrin geboren!

Ein Sohn ward ihr eben gezeugt,
Ein Bankert ohne jeden Wert.
Das Schicksal hat sie nicht gebeugt,
Sie hat sich da niemals beschwert.

Selbst als ein Bürgermeister kam,
Der vergewalt´gen sie wollt`,
Da blieb sie stolz, ließ ihn nicht ´ran,
Er ihr da nur Verachtung zollt´.

Ganz ungebrochen blieb ihr Geist,
So reinlich war die gute Seele:
Da war das Herz auch nicht vereist,
Sie nahm nie an die Mannbefehle.

Doch nun war sie doch recht gebrechlich,
Ihr Körper streikte hin und wieder,
So manches wurde nebensächlich,
Wenn Schmerz fuhr in die alten Glieder.

Und manches wurde würdelos,
Wenn Wasser sie nicht halten konnte
Und es verrann aus ihrem Schoß,
In dem einst Liebevolles wohnte.

Sie las nichts mehr, sie trank nicht mehr,
Wurde allmählich schwächer.
Die Atmung ging mitunter schwer,
Zitternd nahm sie den Becker –

Und stellte ihn doch wieder ab,
Weil sie nicht trinken wollte.
Sie aß nicht mehr, setzte es ab,
Wo sie doch essen sollte!

So schwand sie aus der Zeit, dem Raum,
Sie ging, wie sie gekommen.
Das registrierte man hier kaum,
Wo Abschied wird genommen.

Sie ging – und wusste, dass sie ging,
Das Leben war ein Witz!
Sie ging, obgleich sie daran hing,
Ganz mit Verstandbesitz.

Das Leben bleibt ein Traum auf Reisen,
Das wusste sie ja immer schon.
Man kann sich da wenig beweisen –
Jetzt hat den Stab der eigne Sohn.

*

Hans Hartmut Karg
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Schwiegermama zum 90. Geburtstag

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Schwiegermama zum 90. Geburtstag

©Hans Hartmut Karg
2015

Mit 90 bist DU immer noch aktiv
Und lebhaft – wie vor vierzig Jahren,
Gesund, weil alles recht erfolgreich lief
Und DU im eignen Auto gern gefahren.

So lebst DU nun DEIN Gnadenleben
Im eignen, selbst gebauten Haus.
Umgeben von dem schönsten Kindersegen
Gehst DU im Garten täglich ein und aus.

DEIN Mann ist leider schon voran gegangen,
Doch DEINE Kinder helfen ihr gar sehr,
Und die „Mobile Küche“ stillt DEIN Essverlangen,
Gesundes Wasser trinkst DU heute mehr und mehr.

Mit Kindern, mit den Enkeln und Urenkeln reich gesegnet
Kommt DIR doch d i e Erwartung zu:
Ob es nicht weiterhin Nachkommen regnet –
Dann hat das Leben lange noch nicht Ruh´!

So wünschen wir DIR heut´ zum Wiegenfeste,
Dass DU den Hundertsten erleben sollst,
Gesund, zufrieden – mit das Allerbeste,
Das DU aus DEINEM eignen Erdendasein holst.

*

Hans Hartmut Karg
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Perspektive

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Perspektive

©Hans Hartmut Karg
2015

Sie lag im Bett und sah die Welt
Als groß geword´nen Haufen,
Aus Müll, aus Schweiß, aus Fett und Geld –
Und viel zu viel zum Raufen.

Der Alkohol fraß die Familien,
Die es schon lange nicht mehr gab.
Es schwand der Sinn für Bäume, Lilien,
Die Menschheit ging am Narrenstab.

Und der regierte fröhlich weiter,
Vernagelte Seele und Hirn.
Das alles war nicht wirklich heiter,
Man lebte ohne Geist und Zwirn.

Bequem konnte man alles kaufen,
Selbst das, was man nicht wirklich brauchte.
Man musste nicht zum Bäcker laufen,
Selbst wenn der Körper bereits strauchte.

Besuche kamen mehr aus Anstand.
Sie fühlte sich dann reichlich arm,
Wenn der Respekt so langsam schwand
Und sie mit Nachkommen nicht warm.

Sie wollten ja das Häuschen erben,
Ihr Geld, ihr Gut, ihren Besitz.
Sie wollten ihre Gunst erwerben,
Weil sie auf alle Gaben spitz.

Dann spielten sie sich manchmal aus,
Schimpften über die Geschwister,
Lobten nur sie, ihr altes Haus
Sehr diplomatisch – wie Minister.

Scheinheiligkeit war ihr zuwider,
Herzlichkeit war ja nicht zu spüren.
Es gab da keine Liebeslieder,
Die ihre Seele konnten rühren.

Deshalb vermachte sie das Haus
Dem Kinderschutzbunde vor Ort,
Damit die Schwächsten kommen ´raus,
Erhalten hier den sichern Hort.

Und wie es zu erwarten war
Kamen die Erbschleicher nicht mehr.
Sie hatte nun ein schönes Jahr –
Und selbst mochte sie sich jetzt gar sehr.

Die gute Tat baute sie auf,
Die Krankheiten langsam verschwanden,
Das Leben nahm den guten Lauf,
Das Böse kam ihr so abhanden.

Hier lebte sie noch fünfzehn Jahre
Und konnte Gutes viel benennen,
Denn wer am Großmute nicht spare,
Der lernt ein langes Leben kennen.

*

Hans Hartmut Karg
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Wehmut

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Wehmut

©Hans Hartmut Karg
2014

Und wieder kommt ein neuer Tag –
So strahlend geht die Sonne auf.
Was willst Du mehr, wenn man Dich mag,
Es werden nicht mehr viele sein...

Je älter ich damit auch werde,
Desto vermehrt erwart´ ich immer
Den jungen Tag ohne Beschwerde,
Den ersten hellen Morgenschimmer.

Soll ich denn nur zurücke blicken?
Das will ich eigentlich doch nicht!
Ich will mich in mein Schicksal schicken –
Und doch will ich das wirklich nicht!

So warte ich denn, nächtewach,
Auf jedes neue, helle Stroh,
Ganz frei in meinem Schlafgemach,
Gebrechlich – doch erwartungsfroh.

Die späten Nächte werden Tage,
Wo mir das Nichts ein Alles sei.
So harre ich der Wetterfrage,
Denn vieles wird zum Einerlei.

Wie war das früher in der Frühe,
Als ich so gern geschlafen hätte
Und aufstand mit so großer Mühe,
Weil mich rief Sucht und Zigarette?

Und jetzt, wo ich doch schlafen kann,
Treibt mich der erste Schein heraus.
Wie schnell wird Sklave doch der Mann,
Der altersstarr in seinem Haus.

*

Hans Hartmut Karg
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Die Maus

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Die Maus

©Hans Hartmut Karg
2015

In jener Nacht raschelt´s im Zimmer
Und wir erwachen aus dem Schlaf.
Das Rascheln wird nun immer schlimmer,
Das war ´ne rechte Götterstraf´.

So holten wir die Mausefalle
Vom Keller in besagten Raum,
Packten viel Speck an ihre Schnalle,
Damit nun endlich aus der Traum.

Doch als wir morgens uns versahen,
Da war die Falle zugeschnappt,
Und als wir uns der Falle nahen,
Da war der Speck auch eingesackt!

Die Maus war weg, das Fenster schräg,
Auf dem Balkon lag unser Speck.
Das war für uns nun der Beleg:
Die Maus frisst doch nicht jeden Dreck!

Ja, Mäuse sind intelligent
Und fressen doch nicht alles.
Wer nicht ihr Überleben kennt,
Der muss im Fall des Falles

Sie halt verjagen ohne Speck,
Den man so nicht mal selber isst.
Dort hat sie sicher ein Versteck,
In dem sie uns nicht mehr vermisst.

*

Hans Hartmut Karg
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MDR Klassik

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


MDR Klassik

©Hans Hartmut Karg
2015

Warum ich den Sender so liebe?
Weil da selten kommentiert
Und mit viel Getu´ und Geschiebe
Man Genussfreundlichkeiten verliert.

Da gibt’s nicht die Musikversteher,
Die uns Welten beständig erklären,
Weißhäupter und Verstandesverdreher,
Die nur eigene Meinung vermehren.

Wir alle wollen doch nur Musik
Und kein klugelndes Manöver,
Denn die Musik ist Geschick
Und kein wildes Argumentengestöber.

Da muss nicht Modernes stehen,
Wo Altes von uns gewollt.
Man muss nicht mit Moden gehen,
Damit man sich Gegenwart holt.

Wir lieben doch die Musik,
Das Schöne u n d das Barocke.
Wir brauchen keinen Sendertrick,
Keine Ladenhütersocke.

*

Hans Hartmut Karg
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Diagnosen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Diagnosen

©Hans Hartmut Karg
2015


Es bleibt im weiten Schicksalsrund
Kein Platz für Sondergaben.
Die Welt ist dazu viel zu bunt,
Um sich an Gunst zu laben.

Ist´s nicht das Herz, das Menschen adelt,
Ein Arzt gar, der gern stimuliert?
Ist es das Schicksal, das man tadelt,
Wenn nur Reales uns verführt?

Gesund lebte im Tageslauf
Sie, krank wurden nur die Kranken.
Rund schien ihr so ihr Lebenslauf,
Da hatte sie zu danken.

Verlachte sie doch gern die Dicken,
Im Tod sah sie nur Selbstverschulden,
Mit dem die sich zum Himmel schicken –
Das wollte sie für sich nicht dulden!

Gesundheit hieß ihr Lebensziel,
Verachtung zollte sie den Kranken,
Denn wer reichlich isst gar zu viel,
Der übersteigt die eignen Schranken.

Doch fragt das Leben ja nicht nach,
Ob die Ideen allein sind lebbar.
Es fragt auch nicht nach Ungemach,
Denn Leben bleibt stets wandelbar.

Nicht fragt es, ob Du auch gesund,
Vorstellung wird allein nicht heilen,
Und niemand korrigiert den Mund,
Der Schuld nur kann austeilen.

So wird denn wirklich alles kalt,
Du siehst mit andern Augen,
Wenn Du nun wirst nicht wirklich alt,
Tumore sich festsaugen.

Denn Krebs war ihre Diagnose,
Die sie nun selbst zu tragen hatte,
Denn unerbittlich welkt die Rose,
Wenn erst das Schicksal sie bestattet.

„Warum denn ich, ich will noch nicht,
Ich lebte doch immer gesund!
Ich kontrollierte mein Gewicht,
Kasteite Herz – und meinen Mund!“

Merke: Nicht ist´s Dein Geist, der da bestimmt,
Ob Du siech oder reichlich lebend.
Und wer das Schicksal zu ernst nimmt,
Für den bleibt Zukunft leider schwebend.

Jeden kann Krankheit doch erfassen,
Da hilft Dir auch kein Essgenie.
Selbst wo es dies kann doch nicht lassen,
Zwingt Zukunft Dich in weiche Knie.

Krankheiten brechen einfach aus
Und fragen nicht nach Titel, Geld,
Denn ihnen kommen wir nicht aus:
So ist das mit der Lebenswelt!

Die Diagnosen brechen ein
In ein jedes Menschenleben.
Das wird dadurch allein und klein –
Abhängig von dem höhern Segen.

Jeden fasst kein Götterwind,
Mindert seinen Erdenschaden,
Dreht die Gnade so geschwind
Hin zum langen Lebensfaden.

*

Hans Hartmut Karg
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Stadtleben

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Stadtleben

©Hans Hartmut Karg
2015

Es ist schön, den Stadtbus zu hören,
Fährt er doch jede halbe Stunde
Und dreht seine große Runde:
Er kann mich nicht mehr stören.

Und die häufige Müllabfuhr
Hat doch nur den guten Zweck:
Rückgewinnung aus Staub und Dreck,
Eben auf Recyclingtour.

Alles ist so herrlich nah:
Die Post, die Bank, das Einkaufzentrum,
Die Wege gerade, nirgends krumm,
Ein Krankenhaus ist auch schon da!

Infrastruktur ist angesagt,
Wo ländlich nichts als Landschaft,
Ein jeder hinterm Vorhang gafft,
Weil die Gerüchteküche nagt.

Stadtluft macht frei – wie genieß´ ich das!
Weg sind wir hier von allem Kleinklein!
Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein,
Auf Bus, auf Bahn ist doch noch Verlass!

Zu Fuß zum Bäckerladen gehen,
Elektrobycen – je nach Lust,
Ein wenig shoppen ohne Frust,
Menschen und Schaufenster ansehen.

Da rührt sich ´was im Häusermeer,
Die Autos parken überall,
Es gibt Theater, Sankaschall-
Und Leben, herrlichen Verkehr!

*

Hans Hartmut Karg
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Überlegung

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Überlegung

©Hans Hartmut Karg
2015

Ihr könnt noch so bemüht sein,
verzweifelt
Eure Tradition retten wollen.
Es hilft nichts:
Die Vermehrung
A L L E I N
entscheidet,
welche
Traditionen bleiben
und welche
untergehen.

Es sei denn,
ein
Universalkrieg
oder
eine
Pandemie
rafft
alles
komplexere
Leben
dahin.

Dann gibt es
keine Kulturen
und keine
Traditionen
mehr.

*

Hans Hartmut Karg
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Blütenkind

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Blütenkind

©Hans Hartmut Karg
2015

Gekauftes Blütenkind blieb grün,
Kein Blümlein zeigte sich im Raum.
Man konnte sich noch so bemühn:
Es wuchs nicht recht, man sah es kaum.

Doch dann, im kalten Winterkleid,
Begann auf einmal es zu knospen.
Es wurde dafür ja auch Zeit:
Wie käme man sonst auf die Kosten?

Das Pflänzchen wurde Blütenkind
Und zierte nun mit Rot den Raum:
Wenn Pflanzen richtig teuer sind,
Werden sie blühn, ach, welch ein Traum!

*

Hans Hartmut Karg
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Liebesspätzeit

Beitrag von Hans Hartmut Karg »

Liebesspätzeit

©Hans Hartmut Karg
2015

Während meine Engel schlafen,
Zählt´ ich Tausende von Schafen,
Bin ich noch beim Reimeschmieden,
Denn ich habe doch hienieden
Nichts, als meine Lebensstelle,
Die dann leider viel zu schnelle
Meine Tage überfrachtet,
Dass ich geistig recht ummachtet
In die späten Stunden gehe,
Wo ich Dich beim Nachtmahl sehe.

Ist das Liebe, die ich pflege?
Gehen wir noch gleiche Wege?

Ja, Du lässt mir freie Hand,
Bleibst mein liebstes Freiraumpfand.
Denn Dein Tag bleibt meine Sonne,
Weil Du mir mit reichem Lohne
Alles gibst, was ich kann haben,
Wirst nach meinem Herze graben.

Wer die Toleranz so lebt,
Wer nach Liebe so frei strebt,
Der lässt Zärtlichkeit aufkommen,
Segen bleibt da unbenommen.

*

Hans Hartmut Karg
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Anschlagsmentalität

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Anschlagsmentalität

©Hans Hartmut Karg
2015

Die Macht der Machos
kehrt zurück.
Sie wollten das immer so:
Keine Chance,
keine Gnade
den Opfern!
Mit keiner Wimper
Tod und Schmerz
bedauern.
Immer nur
überzeugt sein,
auf der
r i c h t i g e n
Seite zu stehen.
Angst aufbauen.
Angst vermehren.
Menschenrechte
als
Menschheitsschwäche
entwerten.
Jubelnd
Verbrechen
befeuern
und
feiern.
Mord und Totschlag
begehen.
Das Tötungsverbot
der
Religionen
vorsätzlich
übergehen.

*

Hans Hartmut Karg
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Lebensrettung

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Lebensrettung

©Hans Hartmut Karg
2015

Als am späten Abend er von der Feier fährt,
Ganz nüchtern und mit Feierabendfreude,
Von dort, wo man als Chef ihn hoch verehrt –
Die Mitarbeiter – und einfache Leute,

Kommt er mit seinem Auto von der Straße ab
Und rutscht so unglücklich in einen Graben,
Dass zwischen Wagen, Erde passt kein Zauberstab,
Gar nichts zu öffnen, keine Rettung mehr zu haben.

Als Seitenfenster er nun öffnet, um da heraus zu steigen,
Bleibt auch der Fluchtweg beiderseits zu schmal.
So eingeklemmt macht er sich Wissen nun zu eigen,
Dass ihm da bleibt doch keine Retterwahl.

Doch dann erinnert sich der große Mann,
Dass er ein Handy liegen hat auf seinem Nebensitz.
Das ist die Rettung für ihn und er kann
Gerettet werden – das ist gar kein Witz!

Da über Handyträger er bisher nur Spott vergoss,
So hatte er auf einmal Achtung vor moderner Welt.
Ja, nun war seine Saulus-Umkehr riesengroß:
Er kaufte sich sogar ein Smartphone von dem eignen Geld.

Manches wird dem Menschen erst als Wert bewusst,
Wenn er direkt von den Dingen profitieren kann.
Dann schrumpft die Kritik, er hat dann Lust,
Mit dem Neuen stehen seinen ganzen Mann.

*

Hans Hartmut Karg
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Sonnenwende

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Sonnenwende

©Hans Hartmut Karg
2015

So hat die Nacht
Die Übermacht
Im späten Winter ganz erreicht.

Sie hält die Pracht,
Die in uns lacht,
Doch sie mit Kälte überstreicht.

Mit viel Bedacht
Und für uns sacht
Wird nun das Herz erweicht,

Denn keine Macht
Hat je vollbracht,
Was mit der Zeit verstreicht.

So gib´ Obacht,
Der Du bedacht
Auf das, was da entweicht:

Nichts hat die Fracht
Als Lebenspracht
Nachträglich noch erreicht.

Wenn Sonne lacht,
Taghell entfacht,
Wird auch der Tag Dir leicht.

*

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Der Verwegene

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Der Verwegene

©Hans Hartmut Karg
2015

Er glaubte einst, er könnte sehr frei leben,
Die andern holen sich nur frühen Tod.
Er selber müsst´ nicht nach dem Leben streben,
Denn dies gerate ohnedies ins rechte Lot.

So aß und trank er allerlei
Recht unbotmäßig, voll im Durcheinander.
Er liebte halt barocke Völlerei,
Aß Mozzarella, fettes Fleisch – und Zander.

Dazu trank er recht viel den Roten Wein
Und kam auf eine, manchmal auf zwei Flaschen.
Gelegentlich trank er noch Schnaps hinein,
Denn Geld hatte er viel in seinen Taschen.

Dadurch gewann sein Körper an Gewicht,
Er selber wurde reichlich unansehnlich.
Ganz aufgedunsen war sein Feistgesicht,
Den Rubensfrauen wurde er so leider ähnlich.

Doch die Gefahr der Völlerei erkannt´ er nicht,
Dazu war er zu stolz und unbelehrbar,
Beratungsresistent, ein armer Wicht,
Und dazu wurde er nun auch noch sonderbar

Lebte in Zimmern, zu mit den Vorhängen,
Ganz dem Genuss verfallen, in Latzhosen,
Verschrieb sich so den sücht´gen Zwängen
Nach Süßem aus den großen Dosen!

Schließlich bestand sein Körper nur aus Leber,
Verfettet, ohne Antrieb, ohne Würde.
Er wurde so zu seinem eignen Totengräber,
Toilettengänge wurden für ihn größte Hürde.

Und schließlich fand er kaum noch eine Hose,
Die ihm gepasst noch einmal hätte.
Trotz schleichender Leberzirrhose
Rauchte er gern Trostzigarette.

Dabei war er der Meinung immer noch,
Er sei der allertollste Hecht
Und übersah das schlimme Joch,
Denn das war ihm egal, geschah ihm recht.

Versunken starb er in den weichen Kissen,
Die ihm sein liebend Weib untergelegt.
Und niemand würde ihn wirklich vermissen,
Weil da ein Leben offensichtlich nicht gelebt.

Wer nur im Luststrahl seiner Süchte weilt,
Für den gibt es am Ende wenig Segen.
Das Leben ist dort fliehend längst enteilt,
Wo Hoffnungen nur noch zum Kühlschrank streben.

Hans Hartmut Karg
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Gang der Menschheit

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Gang der Menschheit

©Hans Hartmut Karg
2015

Dereinst gab es Baalsreligion,
Mit der den Sexus man verehrte.
Es ging um keinen Gottessohn,
Man nur Geschlechtsakte vermehrte.

Gold und Geschlechtsteil waren Gott,
Triebhaftigkeit allein war Größe.
Keiner dachte an Tod und Not,
Alles war unschamhafte Blöße.

Wieder scheint heute aufzustehn,
Was überwunden man geglaubt:
Partnerwechsel, Laufhausgehn
Sind angesagt und voll erlaubt.

Dazu das Privileg des Mannes:
Viel Frauen exklusiv zu halten
Und nur allein mit dem Johannes
Vermehrend Triebe einzuschalten.

Da fragt sich mancher brave Christ:
Wo sind da Nächstenliebe, Bindung,
Womit Du Weltgestalter bist,
Voll Schöpferreichtum und Erfindung?

Wo nur Triebbiologie,
Da gibt’s kaum sublimierte Werke.
Der Mensch erreicht die Höhe nie,
Mit der Veredelung wird Stärke.

Bestimmt vom Trieb der Lebenslauf,
Weil er die Adelung nicht kennt –
Da hört die Menschheit langsam auf
Zu schaffen, was man Freiheit nennt.

Im Tierzustand gibt es die nicht,
Kopulation allein ist Zwang,
Mit dem der Trieb treibt sein Gewicht
Vom Ritual zum Opfergang.

Entscheide, Menschheit, was Du willst:
Den Rückfall in Baalsreligionen,
Mit dem Du nur Urtriebe stillst,
Die dann den Frieden nicht mehr lohnen.

*

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