Guten Tag Frau Lindblom
Unsere Tochter ist zwei Jahre und neun Monate alt und sehr selbständig. Sie nimmt äusserst ungern Hilfe an, und doch braucht sie die so oft. Bsp: Knöpfe schliessen, Po abwischen, Zähne putzen usw. Wie kann ich ihr helfen, ohne dass es in einen Trotzanfall ausartet? Sie ist so frustriert, wenn etwas nicht klappt. Ich will sie ja nicht "betüdeln", aber es gibt so viele Situationen, in denen sie sich überschätzt. Auch wenn sie traurig ist, möchte sie lieber allein sein und schickt mich raus. Das ist sehr schwierig für mich. Gestern abend sagte sie, sie sei unglücklich und ich wollte sie trösten. Sie sagte, ich solle mich um das Baby kümmern, sie sei nicht mehr unglücklich. Als sie dann morgens aufwachte, weinte sie und sagte mir, sie sei unglücklich. Ich habe das Gefühl, sie will immer stark sein. Sie weint auch meist nicht, wenn sie sich weh tut. Ich möchte ihr so gerne helfen, weiss aber nicht, wie. Um Ihren Rat wäre ich sehr dankbar.
Liebe(r) Papa68
Eigentlich sollten Sie stolz darauf sein, eine Tochter zu haben, die so selbständig ist und alles selber versuchen möchte. Viele Eltern wünschen sich so ein selbständiges Kind. Doch es kann manchmal sehr anstrengend sein, wenn man die Kleinen auch alles selber machen lässt. Und vor allem ist es zeitraubend und liegt manchmal einfach nicht drin. Ausserdem ist es natürlich nicht schön, wenn man sieht, dass das Kind überfordert ist mit der Sache.
Was sie versuchen könnten ist, die Tätigkeiten in kleine Schritte einzuteilen und unter Ihnen und Ihrer Tochter aufzuteilen. Das kann man dann so clever anstellen, dass Sie den schwierigeren Teil übernehmen und Ihre Tochter den Teil, den sie schon bewältigen kann. Beispiele wären: Wenn du dir die Jacke anziehst, dann mach ich die Knöpfe zu. Oder: Wenn du den obersten Knopf zumachst, mach ich die anderen zu. Oder: Wenn du das Papier abreist, wisch ich den Po und du musst spülen und das WC bürstelen. So geben Sie ihr das Gefühl, es doch selber gemacht zu haben, ohne sie zu überfordern oder sie zu „betüdeln“.
Des Weiteren haben wir das Problem, dass sie nicht am Tisch sitzen bleiben will. Immerzu steht sie auf und möchte spielen gehen. Was sollen wir tun? Natürlich sagen wir ihr immer wieder, sie solle sich setzen. Fruchtet aber nicht. Wir haben sie auch schon ziehen lassen mit der Folge, dass sie dann nach einer halben Stunde Hunger hat.
Wenn Sie nicht möchten, dass Ihre Tochter während des Essens vom Familientisch aufsteht, dann sollten Sie das auch nicht zulassen. Stellen Sie klare Familientisch-Regeln auf. Die logische Konsequenz, wenn sie es dennoch tut, ist, sie eben immer wieder zurück auf den Stuhl zu setzen, mit Ruhe aber Bestimmtheit. In letzter Instanz gibt kein Essen mehr und sie muss warten bis zur nächsten Mahlzeit.
Lesen Sie doch bitte auch noch bei Chrümeli82 nach, was sich über Regeln am Familientisch geschrieben haben.
Ich möchte, dass sie uns gehorcht. Gerade in gefährlichen Situationen (Strasse, Zug...) soll sie Hand geben oder ein "Stop" akzeptieren. Doch auch dort meint sie oft, sie wisse es besser. Wie kann man einem Kind beibringen, dass es gehorchen muss? Das klingt vielleicht doof, aber es ist doch so wichtig! Immer wieder sagen nützt ja nur bedingt.
Gibt es Methoden, die auch bei Kindern mit ausgeprägter Willenskraft fruchten?
Die Kleine darf eigentlich ziemlich viel, aber wenn die Grenze erreicht ist, dann ist sie (meist) strikt. Sollten wir das "Dürfen" und das "nicht dürfen" besser ausgleichen? Oder kann ein Kind in ihrem Alter das verstehen und damit umgenen? Schwierig, die Frage zu formulieren- Verstehen sie, was ich meine?
Ich bin dankbar für jeden Tip!
Papa68
Ja, ich weiss was Sie meinen, aber es ist noch schwieriger, die ultimative Antwort auf Ihre Frage zu formulieren. Es ist tatsächlich wichtig, dass Kinder gehorchen, vor allem in gefährlichen Situationen. Das möchten alle Eltern, ausnahmslos. Doch es führt kein Weg daran vorbei, es immer und immer wieder zu sagen und zu erklären. Und bei Nicht-Befolgen zu reagieren und logische Konsequenzen folgen zu lassen. Auch wenn ihr Kind sehr selbständig und willensstark ist, muss sie dennoch lernen, dass Sie ihr ab und zu auch Grenzen setzen. Und dass sie gewisse Regeln ausnahmslos zu befolgen hat.
Kinder können gerade dann am besten mit Regeln und Grenzen umgehen, wenn sie für sie klar und eindeutig sind. Machen Sie also weiter so.
Herzlichst, Jacomine Lindblom
26.-30.3.2012: Erziehungsberaterin
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Das Expertenforum ist für aktive Fragen nur jeweils im angegebenen Zeitraum geöffnet. Es kann aber nachgelesen werden.
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- Ambivalenzia
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Re: 26.-30.3.2012: Erziehungsberaterin
Guten Tag!
Meine Frage bezieht sich aufs Thema Essen und Esskultur. Mein Sohn (33 Mte) und meine Tochter (20 Mte) veranstalten regelmässig ein riesiges Theater beim Essen. Dass gewisse Lebensmittel verschmäht werden kann ich gut akzeptieren, mein Problem ist eher das Essverhalten an sich. Der Sohn zB beginnt oft erst zu essen wenn alle andern praktisch schon fertig sind und sitzt dann entweder alleine am Tisch zum fertig essen oder springt dann auch davon weil er abgelenkt wird durch seine spielnde Schwester. Räumt man aber das Essen weg gibts ein Drama und der Hunger stellt sich logischerweise auch bald wieder ein (es gibt aber erst wieder Zvieri und das weiss er auch). Ab welchem Alter kann ich erwarten dass er es versteht dass er von Anfang an essen soll und dies bitte nicht im Schneckentempo? Sollen wir einfach abräumen wenn alle anderen fertig sind oder auf ihn warten? Dass er noch nicht ruhig sitzen bleiben kann und Besteck auch nur zur Dekoration dient ist in dem Alter noch normal oder? Meine Tochter will immer mehr von allem, zB mehr Sauce an die Nudeln, isst es dann aber doch nicht oder will noch mehr und isst es immer noch nicht. Hier blieben wir nun regelmässig konsequent und haben am Anfang den Teller bereit gemacht und danach nichts mehr gegeben, was uns unsere letzten Mahlzeiten unter lautem Protestgeheule ihrerseits einnehmen lassen hat - sie hat jeweils einfach nichts gegessen, dafür aber lauthals nach Essen gerufen sobald wir abgeräumt haben. Haben Sie Tipps wie wir unsere Mahlzeiten angenehmer gestalten können? Bisher bin ich mit Ignorieren von absurden Wünschen oder Getrotze immer gut gefahren doch nun funktionierts nicht mehr
Liebe Ambivalenza
Wenn Kinder am Esstisch mit dem Essen nur spielen, es verweigern, trödeln, weglaufen, oder nur protestieren, weil sie ihren Sinn nicht bekommen, kommen Eltern schnell an ihre Grenzen. Dies deshalb, weil sie sich einerseits ein harmonisches Familienessen wünschen, wo man sich austauschen kann und das mit Liebe gekochte Essen in Ruhe geniessen kann. Niemand möchte Stress, Gezanke oder dauernde Ermahnungen am Familientisch. Dennoch gibt es genau das sehr oft.
Andererseits ist es Eltern nicht nur wichtig, wie die Kinder essen, sonder überhaupt DASS sie genügend und gesund essen. Es gibt kaum Eltern, die ihre Kinder ohne schlechtes Gewissen ohne Essen vom Tisch gehen lassen, denn schliesslich ist die Ernährung eine der wichtigsten Aufgaben in der „Brutaufzucht“. Kinder merken bald, dass sie beim Thema Essen am längeren Hebel sitzen. Man kann Kinder nur schwer zum Essen zwingen. Wenn es um Essen geht, tun sich Eltern eher schwer, konsequent zu sein. Eltern finden sich auch deshalb immer wieder in einem Muster zurück, welches sie eigentlich vermeiden wollten, und das ist auf die Dauer frustrierend.
Deshalb ist dieses Thema bei Erziehungsfragen ein Dauerbrenner und auch in diesem Expertenforum wurde die Frage schon gestellt, wie man es anstellt, dass die Kinder essen, sitzen bleiben, anständig essen etc. (Chrümeli82, Papa68)
Essgewohnheiten und das Verhalten, das damit zusammenhängt, festigen sich sehr schnell. Und zwar bei Kindern und Eltern. Wenn Sie an der Situation etwas ändern möchten, dann müssen Sie ganz klare Regeln einführen und diese auch wirklich konsequent durchsetzen. Dafür ist es notwendig, dass Sie sich zusammen mit Ihrem Partner überlegen, was Sie verändern und wie Sie das angehen wollen. Setzen Sie Prioritäten und stellen Sie sich auch die Frage, ob Sie in der Lage sind, gewisse Konsequenzen durchzuziehen, und ob Sie sie mit Ihrem Gewissen oder Ihren Grundsätzen vereinbaren können. Viele Mütter schaffen es nicht, Ihre Kinder ohne Essen vom Tisch zu schicken, wenn sie nicht essen wollen, und ihnen erst bei der nächsten Mahlzeit wieder etwas anzubieten. Was kann passieren? Das Kind bekommt schnell wieder Hunger? Können Sie das aushalten, ohne ihm vorher etwas zu geben? Viele gute Vorsätze scheitern daran, dass die Mütter was das Essen angeht ganz schnell ein ungutes Gefühl bekommen und weich werden.
Es ist also ganz wichtig, dass Sie sich nur solche Dinge vornehmen, die Sie auch durchziehen können. Möchten Sie nicht, dass Ihr Sohn noch lange, nachdem Sie fertig sind, am Tisch sitzt, dann bekommt er eben nur eine bestimmte Zeit zum Essen zur Verfügung. Sie können eine Sanduhr hinstellen, oder die Küchenuhr stellen. Nach 20-30 Minuten ist der Sand unten oder der Alarm geht ab, dann wird der Teller abgeräumt. Ermahnen Sie ihn nur ein Mal, ganz zu Beginn der Mahlzeit, mit dem Essen zu beginnen, da er nicht so viel Zeit hat. Beachten Sie ihn, aber nicht sein Essverhalten. Er soll für seine anfängliche Essensverweigerung keine Aufmerksamkeit erhalten. Und er muss genau wissen, was die Konsequenzen sind. Dafür brauchen Sie Geduld und Gelassenheit, aber da müssen sie einfach durch.
Mit den Nachschöpfen verhält es sich gleich. Die Regel könnte sein, dass man erst das essen muss, was auf dem Teller liegt. Hat man ausgegessen, kann man noch mehr haben. Auch hier wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als strikt zu bleiben und nicht gross auf das Protestgeheule zu reagieren.
Noch eine letzte Frage zum Thema Trinken: ab welchem Alter darf ich erwarten eine Mahlzeit zu beenden ohne dass mindestens 1 Becher Wasser (absichtlich oder auch nicht )umgekippt wurde???
Mit freundlichen Grüssen und vielem Dank für die Beantwortung der wohl nicht generell beantwortbaren Fragen... Ambivalenzia
Es gibt sogar Erwachsene, die kippen noch regelmässig Gläser um. Ab welchem Alter sie das also erwarten können, ist schwer zu sagen. Sie können lediglich den Schaden begrenzen, indem Sie die Becher nur ein klein wenig füllen. So eine kleine Lache wegzuputzen macht weniger Arbeit, und vielleicht auch weniger Spass.
Herzlichst, Jacomine Lindblom
Meine Frage bezieht sich aufs Thema Essen und Esskultur. Mein Sohn (33 Mte) und meine Tochter (20 Mte) veranstalten regelmässig ein riesiges Theater beim Essen. Dass gewisse Lebensmittel verschmäht werden kann ich gut akzeptieren, mein Problem ist eher das Essverhalten an sich. Der Sohn zB beginnt oft erst zu essen wenn alle andern praktisch schon fertig sind und sitzt dann entweder alleine am Tisch zum fertig essen oder springt dann auch davon weil er abgelenkt wird durch seine spielnde Schwester. Räumt man aber das Essen weg gibts ein Drama und der Hunger stellt sich logischerweise auch bald wieder ein (es gibt aber erst wieder Zvieri und das weiss er auch). Ab welchem Alter kann ich erwarten dass er es versteht dass er von Anfang an essen soll und dies bitte nicht im Schneckentempo? Sollen wir einfach abräumen wenn alle anderen fertig sind oder auf ihn warten? Dass er noch nicht ruhig sitzen bleiben kann und Besteck auch nur zur Dekoration dient ist in dem Alter noch normal oder? Meine Tochter will immer mehr von allem, zB mehr Sauce an die Nudeln, isst es dann aber doch nicht oder will noch mehr und isst es immer noch nicht. Hier blieben wir nun regelmässig konsequent und haben am Anfang den Teller bereit gemacht und danach nichts mehr gegeben, was uns unsere letzten Mahlzeiten unter lautem Protestgeheule ihrerseits einnehmen lassen hat - sie hat jeweils einfach nichts gegessen, dafür aber lauthals nach Essen gerufen sobald wir abgeräumt haben. Haben Sie Tipps wie wir unsere Mahlzeiten angenehmer gestalten können? Bisher bin ich mit Ignorieren von absurden Wünschen oder Getrotze immer gut gefahren doch nun funktionierts nicht mehr
Liebe Ambivalenza
Wenn Kinder am Esstisch mit dem Essen nur spielen, es verweigern, trödeln, weglaufen, oder nur protestieren, weil sie ihren Sinn nicht bekommen, kommen Eltern schnell an ihre Grenzen. Dies deshalb, weil sie sich einerseits ein harmonisches Familienessen wünschen, wo man sich austauschen kann und das mit Liebe gekochte Essen in Ruhe geniessen kann. Niemand möchte Stress, Gezanke oder dauernde Ermahnungen am Familientisch. Dennoch gibt es genau das sehr oft.
Andererseits ist es Eltern nicht nur wichtig, wie die Kinder essen, sonder überhaupt DASS sie genügend und gesund essen. Es gibt kaum Eltern, die ihre Kinder ohne schlechtes Gewissen ohne Essen vom Tisch gehen lassen, denn schliesslich ist die Ernährung eine der wichtigsten Aufgaben in der „Brutaufzucht“. Kinder merken bald, dass sie beim Thema Essen am längeren Hebel sitzen. Man kann Kinder nur schwer zum Essen zwingen. Wenn es um Essen geht, tun sich Eltern eher schwer, konsequent zu sein. Eltern finden sich auch deshalb immer wieder in einem Muster zurück, welches sie eigentlich vermeiden wollten, und das ist auf die Dauer frustrierend.
Deshalb ist dieses Thema bei Erziehungsfragen ein Dauerbrenner und auch in diesem Expertenforum wurde die Frage schon gestellt, wie man es anstellt, dass die Kinder essen, sitzen bleiben, anständig essen etc. (Chrümeli82, Papa68)
Essgewohnheiten und das Verhalten, das damit zusammenhängt, festigen sich sehr schnell. Und zwar bei Kindern und Eltern. Wenn Sie an der Situation etwas ändern möchten, dann müssen Sie ganz klare Regeln einführen und diese auch wirklich konsequent durchsetzen. Dafür ist es notwendig, dass Sie sich zusammen mit Ihrem Partner überlegen, was Sie verändern und wie Sie das angehen wollen. Setzen Sie Prioritäten und stellen Sie sich auch die Frage, ob Sie in der Lage sind, gewisse Konsequenzen durchzuziehen, und ob Sie sie mit Ihrem Gewissen oder Ihren Grundsätzen vereinbaren können. Viele Mütter schaffen es nicht, Ihre Kinder ohne Essen vom Tisch zu schicken, wenn sie nicht essen wollen, und ihnen erst bei der nächsten Mahlzeit wieder etwas anzubieten. Was kann passieren? Das Kind bekommt schnell wieder Hunger? Können Sie das aushalten, ohne ihm vorher etwas zu geben? Viele gute Vorsätze scheitern daran, dass die Mütter was das Essen angeht ganz schnell ein ungutes Gefühl bekommen und weich werden.
Es ist also ganz wichtig, dass Sie sich nur solche Dinge vornehmen, die Sie auch durchziehen können. Möchten Sie nicht, dass Ihr Sohn noch lange, nachdem Sie fertig sind, am Tisch sitzt, dann bekommt er eben nur eine bestimmte Zeit zum Essen zur Verfügung. Sie können eine Sanduhr hinstellen, oder die Küchenuhr stellen. Nach 20-30 Minuten ist der Sand unten oder der Alarm geht ab, dann wird der Teller abgeräumt. Ermahnen Sie ihn nur ein Mal, ganz zu Beginn der Mahlzeit, mit dem Essen zu beginnen, da er nicht so viel Zeit hat. Beachten Sie ihn, aber nicht sein Essverhalten. Er soll für seine anfängliche Essensverweigerung keine Aufmerksamkeit erhalten. Und er muss genau wissen, was die Konsequenzen sind. Dafür brauchen Sie Geduld und Gelassenheit, aber da müssen sie einfach durch.
Mit den Nachschöpfen verhält es sich gleich. Die Regel könnte sein, dass man erst das essen muss, was auf dem Teller liegt. Hat man ausgegessen, kann man noch mehr haben. Auch hier wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als strikt zu bleiben und nicht gross auf das Protestgeheule zu reagieren.
Noch eine letzte Frage zum Thema Trinken: ab welchem Alter darf ich erwarten eine Mahlzeit zu beenden ohne dass mindestens 1 Becher Wasser (absichtlich oder auch nicht )umgekippt wurde???
Mit freundlichen Grüssen und vielem Dank für die Beantwortung der wohl nicht generell beantwortbaren Fragen... Ambivalenzia
Es gibt sogar Erwachsene, die kippen noch regelmässig Gläser um. Ab welchem Alter sie das also erwarten können, ist schwer zu sagen. Sie können lediglich den Schaden begrenzen, indem Sie die Becher nur ein klein wenig füllen. So eine kleine Lache wegzuputzen macht weniger Arbeit, und vielleicht auch weniger Spass.
Herzlichst, Jacomine Lindblom
Re: 26.-30.3.2012: Erziehungsberaterin
Guten Tag Frau Lindblom
Mein Sohn ist drei Jahre und 4 Monate alt. Unser zweites Kind ist anderthalb jährig.
Meine beiden Fragen betreffen den Grösseren.
Er hat natürlich seine Wutanfälle und kann gehörig trotzen, aber damit glaube ich einigermassen gut umgehen zu können. Ich bin keine sehr strenge Mutter, bemühe mich aber konsequent zu sein.
Mit was ich nicht umzugehen, weiss ist sein "Geheule". Finde keinen besseren Ausdruck. Er fängt sofort an zu heul-weinen wenn ihm etwas nicht passt, ihn frustriert, ihn nicht gerecht dünkt oder enttäuscht oder wütend macht. Ganz egal, ob er - den Stock, die Schaufel etc. will, die jemand anderes gerade gebraucht (auch egal, ob es seine ist oder ob er sie zuerst hatte) - Wenn ihm jemand etwas wegnimmt - Wenn er wickeln, zähneputzen, anziehen, essen kommen, nach Hause gehen etc. soll und er grade nicht möchte - Wenn ihm etwas nicht genug schnell geht - wenn auf seinem Trip-Trap eine Brösmeli ist oder seine Socken nass geworden sind oder er Sand in den Schuhen hat.
Sogar wenn er etwas möchte kann er irgendwie nicht fragen ohne gleich ganz weinerlich zu stürmen und zu heulen; er weiss ja noch gar nicht, ob er darf oder nicht! Manchmal sogar, wenn ich von Anfang an ja sage. Auch weiss er eigentlich, dass ich für gute Argumente immer zu haben bin, konsequent hin oder her, die Ausnahme bestätigt ja die Regel. Ich verstehe das einfach nicht. Mein Ziel ist es, ihm zu vermitteln, das sich so nichts ändert. Bsp.: Die Socken sind nass, ja, so nä seich, ist ja auch nicht so angenehm (da kann man ja durchaus auch etwas hässig werden), aber ich ändere doch daran nichts, wenn ich , pardon, rumheule. Die einzige Möglichkeit ist es doch zu handeln, die Socken auszuziehen und allefalls neue anzuziehen. Ob alleine oder mit Hilfe ist einerlei, ich helfe doch gerne, dass weiss er auch.
Ich werde dann in letzter Zeit und mit halt auch nur begrenzten Nerven selber richtig hässig. Ich habe auch im sonstigen Leben Mühe, wenn sich jemand nur beschwert und motzt (so quasi die Erwachsenen-Form vom Geheule), statt etwas zu ändern.
Ich habe den Eindruck, ihm somit täglich x-mal das Gefühl zu geben: Du (dein Verhalten) ist nicht OK. Und das will ich ja ganz sicher nicht. Wie kommen wir da wieder raus? Bin sehr dankbar um Inputs.
Liebe Buna
Ewiges Rumheulen oder Jammern ist eine Art der Kommunikation, die Eltern wegen seines klagenden und weinerlichen Tonfalls ziemlich bald einmal auf die Nerven geht. Die Kinder selber fällt das gar nicht so auf. Und sie werden ihre Strategie nicht so bald von sich aus ändern, denn es funktioniert ja meist. Denn die Eltern gehen, wenn auch manchmal ziemlich entnervt, auf ihr Gejammere und Geheule ein.
Es ist deshalb wichtig, dass Sie den ersten Schritt machen, indem Sie auf Gejammer und Geheule nicht mehr reagieren. Das heisst nicht, dass Sie es ignorieren sollten, sondern sagen Sie ihrem Sohn, er solle es mit „normaler Stimme“ nochmals sagen. Da müssen Sie ziemlich strikt sein. Ihr Sohn muss einfach lernen, dass er mit dem Gejammer nicht auf Ihr Gehör stösst. Formulieren Sie es bewusst positiv. Also nicht: solange du jammerst, gebe ich keine Antwort. Sondern: Wiederhole es nochmals mit normaler Stimme, dann... Das werden Sie Ihrem Sohn etliche Male sagen müssen, bis er realisiert, dass er mit Jammern nicht mehr weit kommt, seine Strategie also nicht mehr aufgeht.
Schenken Sie Ihrem Sohn besonders viel Beachtung, wenn er mit einer Frage oder Bitte ohne Jammern an Sie tritt. Loben Sie ihn für diese Art der Kommunikation. Versuchen Sie auch, nur wenn möglich, ihm am Anfang nicht allzu viel zu verbieten, wenn er es mit normaler Stimme gefragt hat. Das ist nicht immer möglich, aber Erfolgserlebnisse festigen gewünschtes Verhalten schneller.
Mein Sohn isst nicht. Das ist mir eigentlich egal! Ich bin der überzeugten Meinung, dass meine Kinder wissen, was sie brauchen und was nicht. Ich biete zu regelmässigen Zeiten, möglichst augewogene Mahlzeiten an und verlange, dass zu den Hauptmahlzeiten jeder zumindest zu Beginn an den Tisch kommt. Wer wieviel isst oder nicht isst, "interessiert" mich nicht. Bei stark zuckerhaltigen, salz- oder fettreichen Lebensmitteln gibt es natürlich eine Limite. Hat jemand etwas nicht gerne darf er alternativ immer Früchte, Rohgemüse und wenn es hat Brot oder Joghurt essen, dass gilt für jedes Familienmitglied. Mein Sohn akzeptiert eine so geringe Anzahl an Lebensmitteln. Sogar bei Süssem kann er sich durchaus zurückhalten, wenn es ihm nicht ganz koscher ist. Ich finde das halt schade. Sogar die zwei Tage, die er in der Krippe ist, zieht er das durch. Passt ihm nichts, isst er halt nichts und stopft sich zum Znüni und Zvieri halt mit Früchten und Brot voll oder kompensiert am Abend mit Spaghetti Bolognese, für ihn natürlich ohne Bolognese oder Käse. Neuerdings wird es eher noch schlimmer. Und nun hat er angefangen sich darüber zu beschweren, dass es immer das gleiche gibt. Ja logisch, da er meistens das Alternativprogramm isst, weil er das, was ich koche nicht probieren will, ist das halt immer das gleiche. Wie helfe ich ihm, einfach mal was zu probieren? Ich koche eigentlich sehr gerne und auch gut. Nur macht es mir auch keinen Spass wenn ich immer höre: "Was isch das? Wott i nid probierä. Hani ganz sicher nid gärn!"
Danke für Ihre Antwort und Anregungen.
Freundliche Grüsse
Sie möchten Ihren Sohn gerne an neue Speisen und Lebensmittel heranführen. Er scheint selber gar nicht neugierig auf unbekanntes Essen zu sein. Also müssen Sie es ihm näher bringen.
Versuchen Sie es mit einem Belohnungssystem. Erklären Sie Ihrem Sohn, dass Sie möchten, dass er auch andere Speisen kennen lernt, weil es sonst für ihn sehr einseitig und langweilig wird. Kinder sollten eine ihnen noch unbekannte Speise etliche Male hintereinander probieren, um sich an den neuen Geschmack zu gewöhnen und einzuordnen, ob sie es gern haben. Jeden Tag, an dem Ihr Sohn es versucht hat (auch wenn nur ganz wenig) darf er dafür einen Smilie aufkleben. Nach einer Woche gibt’s eine Belohnung. Suchen Sie sich drei mögliche (nicht zu exotische) Lebensmittel aus, von welchen Sie annehmen, dass er sie gern haben könnte. Lassen Sie ihn dann aussuchen, welche er versuchen möchte. Davon soll er dann eine Woche lang jeden Tag ein klein wenig versuchen. Er kann so die Erfahrung machen, dass es Dinge gibt, die man zwar nicht kennt, die man aber nach anfänglicher Skepsis dann doch noch gerne haben kann. Versuchen Sie es doch einmal.
Herzlichst, Jacomine Lindblom
Mein Sohn ist drei Jahre und 4 Monate alt. Unser zweites Kind ist anderthalb jährig.
Meine beiden Fragen betreffen den Grösseren.
Er hat natürlich seine Wutanfälle und kann gehörig trotzen, aber damit glaube ich einigermassen gut umgehen zu können. Ich bin keine sehr strenge Mutter, bemühe mich aber konsequent zu sein.
Mit was ich nicht umzugehen, weiss ist sein "Geheule". Finde keinen besseren Ausdruck. Er fängt sofort an zu heul-weinen wenn ihm etwas nicht passt, ihn frustriert, ihn nicht gerecht dünkt oder enttäuscht oder wütend macht. Ganz egal, ob er - den Stock, die Schaufel etc. will, die jemand anderes gerade gebraucht (auch egal, ob es seine ist oder ob er sie zuerst hatte) - Wenn ihm jemand etwas wegnimmt - Wenn er wickeln, zähneputzen, anziehen, essen kommen, nach Hause gehen etc. soll und er grade nicht möchte - Wenn ihm etwas nicht genug schnell geht - wenn auf seinem Trip-Trap eine Brösmeli ist oder seine Socken nass geworden sind oder er Sand in den Schuhen hat.
Sogar wenn er etwas möchte kann er irgendwie nicht fragen ohne gleich ganz weinerlich zu stürmen und zu heulen; er weiss ja noch gar nicht, ob er darf oder nicht! Manchmal sogar, wenn ich von Anfang an ja sage. Auch weiss er eigentlich, dass ich für gute Argumente immer zu haben bin, konsequent hin oder her, die Ausnahme bestätigt ja die Regel. Ich verstehe das einfach nicht. Mein Ziel ist es, ihm zu vermitteln, das sich so nichts ändert. Bsp.: Die Socken sind nass, ja, so nä seich, ist ja auch nicht so angenehm (da kann man ja durchaus auch etwas hässig werden), aber ich ändere doch daran nichts, wenn ich , pardon, rumheule. Die einzige Möglichkeit ist es doch zu handeln, die Socken auszuziehen und allefalls neue anzuziehen. Ob alleine oder mit Hilfe ist einerlei, ich helfe doch gerne, dass weiss er auch.
Ich werde dann in letzter Zeit und mit halt auch nur begrenzten Nerven selber richtig hässig. Ich habe auch im sonstigen Leben Mühe, wenn sich jemand nur beschwert und motzt (so quasi die Erwachsenen-Form vom Geheule), statt etwas zu ändern.
Ich habe den Eindruck, ihm somit täglich x-mal das Gefühl zu geben: Du (dein Verhalten) ist nicht OK. Und das will ich ja ganz sicher nicht. Wie kommen wir da wieder raus? Bin sehr dankbar um Inputs.
Liebe Buna
Ewiges Rumheulen oder Jammern ist eine Art der Kommunikation, die Eltern wegen seines klagenden und weinerlichen Tonfalls ziemlich bald einmal auf die Nerven geht. Die Kinder selber fällt das gar nicht so auf. Und sie werden ihre Strategie nicht so bald von sich aus ändern, denn es funktioniert ja meist. Denn die Eltern gehen, wenn auch manchmal ziemlich entnervt, auf ihr Gejammere und Geheule ein.
Es ist deshalb wichtig, dass Sie den ersten Schritt machen, indem Sie auf Gejammer und Geheule nicht mehr reagieren. Das heisst nicht, dass Sie es ignorieren sollten, sondern sagen Sie ihrem Sohn, er solle es mit „normaler Stimme“ nochmals sagen. Da müssen Sie ziemlich strikt sein. Ihr Sohn muss einfach lernen, dass er mit dem Gejammer nicht auf Ihr Gehör stösst. Formulieren Sie es bewusst positiv. Also nicht: solange du jammerst, gebe ich keine Antwort. Sondern: Wiederhole es nochmals mit normaler Stimme, dann... Das werden Sie Ihrem Sohn etliche Male sagen müssen, bis er realisiert, dass er mit Jammern nicht mehr weit kommt, seine Strategie also nicht mehr aufgeht.
Schenken Sie Ihrem Sohn besonders viel Beachtung, wenn er mit einer Frage oder Bitte ohne Jammern an Sie tritt. Loben Sie ihn für diese Art der Kommunikation. Versuchen Sie auch, nur wenn möglich, ihm am Anfang nicht allzu viel zu verbieten, wenn er es mit normaler Stimme gefragt hat. Das ist nicht immer möglich, aber Erfolgserlebnisse festigen gewünschtes Verhalten schneller.
Mein Sohn isst nicht. Das ist mir eigentlich egal! Ich bin der überzeugten Meinung, dass meine Kinder wissen, was sie brauchen und was nicht. Ich biete zu regelmässigen Zeiten, möglichst augewogene Mahlzeiten an und verlange, dass zu den Hauptmahlzeiten jeder zumindest zu Beginn an den Tisch kommt. Wer wieviel isst oder nicht isst, "interessiert" mich nicht. Bei stark zuckerhaltigen, salz- oder fettreichen Lebensmitteln gibt es natürlich eine Limite. Hat jemand etwas nicht gerne darf er alternativ immer Früchte, Rohgemüse und wenn es hat Brot oder Joghurt essen, dass gilt für jedes Familienmitglied. Mein Sohn akzeptiert eine so geringe Anzahl an Lebensmitteln. Sogar bei Süssem kann er sich durchaus zurückhalten, wenn es ihm nicht ganz koscher ist. Ich finde das halt schade. Sogar die zwei Tage, die er in der Krippe ist, zieht er das durch. Passt ihm nichts, isst er halt nichts und stopft sich zum Znüni und Zvieri halt mit Früchten und Brot voll oder kompensiert am Abend mit Spaghetti Bolognese, für ihn natürlich ohne Bolognese oder Käse. Neuerdings wird es eher noch schlimmer. Und nun hat er angefangen sich darüber zu beschweren, dass es immer das gleiche gibt. Ja logisch, da er meistens das Alternativprogramm isst, weil er das, was ich koche nicht probieren will, ist das halt immer das gleiche. Wie helfe ich ihm, einfach mal was zu probieren? Ich koche eigentlich sehr gerne und auch gut. Nur macht es mir auch keinen Spass wenn ich immer höre: "Was isch das? Wott i nid probierä. Hani ganz sicher nid gärn!"
Danke für Ihre Antwort und Anregungen.
Freundliche Grüsse
Sie möchten Ihren Sohn gerne an neue Speisen und Lebensmittel heranführen. Er scheint selber gar nicht neugierig auf unbekanntes Essen zu sein. Also müssen Sie es ihm näher bringen.
Versuchen Sie es mit einem Belohnungssystem. Erklären Sie Ihrem Sohn, dass Sie möchten, dass er auch andere Speisen kennen lernt, weil es sonst für ihn sehr einseitig und langweilig wird. Kinder sollten eine ihnen noch unbekannte Speise etliche Male hintereinander probieren, um sich an den neuen Geschmack zu gewöhnen und einzuordnen, ob sie es gern haben. Jeden Tag, an dem Ihr Sohn es versucht hat (auch wenn nur ganz wenig) darf er dafür einen Smilie aufkleben. Nach einer Woche gibt’s eine Belohnung. Suchen Sie sich drei mögliche (nicht zu exotische) Lebensmittel aus, von welchen Sie annehmen, dass er sie gern haben könnte. Lassen Sie ihn dann aussuchen, welche er versuchen möchte. Davon soll er dann eine Woche lang jeden Tag ein klein wenig versuchen. Er kann so die Erfahrung machen, dass es Dinge gibt, die man zwar nicht kennt, die man aber nach anfänglicher Skepsis dann doch noch gerne haben kann. Versuchen Sie es doch einmal.
Herzlichst, Jacomine Lindblom