Mein erstes Kind kam im Geburtshaus im Wasser zur Welt, in anstrengenden sechseinhalb Stunden Wehenarbeit, davon 2 Stunden Presswehen, alles in allem aber eine schöne, harmonische Geburt, sowohl für Prinz als auch für mich und meinen Mann.
Als ich wieder schwanger wurde, kam bald der Gedanke auf, dieses Kind zuhause zu gebären, in noch harmonischerer Umgebung und perfekt auf unsere und des Kindes Bedürfnisse abgestimmt. Ich freute mich schon lange darauf, die Geburt vorzubereiten, das Schlafzimmer, wo ich gedachte zu gebären, schön einzurichten, die richtige Musik zusammenzustellen, die passenden Essenzen fürs Duftlämpli zu finden.
Die Schwangerschaft machte mir aber diesbezüglich ein bisschen einen Strich durch die Rechnung, da ich bereits ab der 20sten SSW häufige Vorwehen hatte und mich deshalb bald zu 50% krankschreiben lassen, wehenhemmende Mittel einnehmen und möglichst viel ruhen und liegen musste. Ausgedehnte Duftschmöck- und Einkaufstouren lagen also vorerst nicht mehr drin. Auch Prinz kam etwas kurz in dieser Zeit, er, der grad sowieso sehr an mir klebte und mehr Zuwendung brauchte, musste häufig geduldig sein. Ich hatte aber Hilfe von allen Seiten und erreichte schlussendlich die 37ste SSW ohne weitere Probleme. Der HG stand also nichts mehr im Wege



Ich hab weiterhin versucht, alles ruhig anzugehen, damit das Würmli noch so lange wie möglich im Bauch bleiben kann, hatte dann aber bereits in dieser Woche (ab 37+1) jeden Abend und bis Mitte Nacht schmerzhafte und regelmässige Senkwehen, mindestens so, dass ich nicht schlafen konnte und gegen Ende Woche auch so, dass ich dachte, es gehe jetzt bald mal los. Deshalb habe ich die Hebamme am Samstag morgen (37+5) gebeten, mich mal zu untersuchen. Ich wollte einfach wissen, ob es jetzt noch 2 Wochen so weitergeht mit "unnützen" Wehen oder ob es wirklich bald losgeht. Sie kam um 10 Uhr vormittags vorbei und meinte nach dem Untersuch, dass es sicher nicht mehr lange dauere, sie schätzte, dass es max. noch einen Tag gehe, bis das Kindli da sei. Da die Wehen aber noch nicht geburtswirksam waren, gab sie mir 2 Buscopan-Zäpfli, in der Hoffnung, dass sich alles nochmals ein paar Stunden beruhige und ich ein wenig nachschlafen könne.
Mein Mann und ich beschlossen, Prinz über Nacht zu Freunden zu geben, damit wir uns voll und ganz auf die bevorstehende Geburt konzentrieren können. Als er nach dem Mittagessen abgeholt wurde, nahm ich die Buscopan-Zäpfli und legte mich wieder ins Bett. Sie wirkten auch bald, die Wehen verschwanden fast ganz und ich konnte nochmals 2 Stunden schlafen. Danach machten mein Mann und ich einen gemütlichen Spaziergang, wo ich sofort wieder Wehen im 2-3 Minuten-Takt bekam, diesmal auch deutlich schmerzhafter, so, dass ich sie stehend vornübergebeugt verschnaufen musste, während mein Mann mir den Rücken massierte. Als wir zurück waren, wurden sie aber wieder schwächer und unregelmässiger und verschwanden gegen Abend wieder fast komplett. Ich hatte zwar noch hie und da eine Kontraktion, aber sehr unregelmässig und schwach. Wir waren beide etwas frustriert und gingen schliesslich um 23 Uhr ins Bett, unseren kleinen Prinz vermissend, den wir anscheinend umsonst fremdplatziert hatten über Nacht

Um 2 Uhr morgens wachte ich auf und stellte fest, dass ich wieder Wehen hatte, immer noch eher schwach und unregelmässig, aber immerhin. Ich konnte nicht mehr schlafen, dafür waren sie schon zu stark. Bis 5 Uhr morgens verarbeitete ich die Wehen in Ruhe stehend, liegend und auf dem Ball, dann weckte ich meinen Mann, da es mich wieder sehr frustrierte. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich mit solchen Wehen jemals ein Kind gebären könnte, war doch Prinzens Geburt so kraftvoll und stetig intensiver geworden. Mein Mann und ich beschlossen, es mit Sex zu versuchen, soll ja wehenfördernd sein

Um 7 Uhr kamen gleich beide Hebammen, Barbara und Lior, kurz nacheinander hier an. Ich war einwenig erstaunt, da die Zweithebamme doch erst kurz vor der Geburt kommen sollte. Es stellte sich aber heraus, dass sie zum ersten Mal mit meiner Hebi bei einer HG zusammenarbeitete und deshalb von Anfang an dabei sein wollte. Sie war mir auf Anhieb sehr sympathisch, somit hatte ich kein Problem damit.
Barbara kontrollierte mich und fand meinen Mumu 6 cm offen vor. Wunderbar, das motivierte mich gleich umso mehr.
Meine Wehen waren weiterhin zwar regelmässiger, aber immer noch nicht sehr stark, ich verarbeitete eine nach der anderen meist im Bett, sobald eine kam, kniete ich mich hin und liess mir den Rücken massieren, dazwischen plauderte ich mit den Hebis und meinem Mann. Alles war sehr friedlich und harmonisch, das Zimmer in schönes Licht von vielen Kerzli getaucht, das Duftlämpli verströmte einen wunderbaren Duft, im Hintergrund leise Meditationsmusik. Ich fühlte mich wie in einem Wellnessurlaub, abgesehen von den kurzen schmerzhaften Intermezzos in Form von Wehen.
Ich konnte mir weiterhin nicht vorstellen, dass diese Wehen für eine Geburt ausreichend waren, obwohl die Hebammen mir abwechselnd versicherten, dass noch keine Frau 2 Wochen lang mit einem halboffenen Mumu rumgelaufen sei

Ich hatte auch das Gefühl, dass das Kindli überhaupt nicht nach unten rutscht, worauf mir Barbara vorschlug, die Wehen abwechselnd in Seitenlage zu veratmen, um dem Kindli den Weg nach unten zu erleichtern. Ich war skeptisch, konnte mir nicht vorstellen, eine einzige Wehe liegend zu ertragen, versuchte es aber und war erstaunt, dass es gar nicht so schlecht ging. Es war zwar schmerzhafter und unangenehmer, ich konnte mich aber mit Hilfe meiner 3 wunderbaren Helfer gut darauf einlassen und veratmete so Wehe um Wehe abwechselnd auf der Seite liegend. Langsam kam ich auch in das ersehnte Geburtsflash, das ich bei Prinzens Geburt so angenehm empfand, ganz bei mir, konzentriert, ruhig, entspannt. Die Hebis liessen uns auch mal eine halbe Stunde alleine, da sie fanden, wir seien so zärtlich und friedlich miteinander und würden es so gut machen.
Barbara untersuchte mich nochmals während einer Wehe und meinte, der Mumu würde im Weh von 8 auf 10 cm aufgehen. Ich hatte aber nach wie vor kaum Druck nach unten, weshalb ich aufstand und im Zimmer umherlief, dann auch treppauf und treppab Wehen veratmend. Ich hoffte, dem Kindli so klarere Signale nach unten geben zu können. Nach ca. einer halben Stunde stehend Wehen veratmend hatte ich immer noch keinen Pressdrang. Einem plötzlichen Impuls folgend drückte ich in einer Wehe leicht mit und spürte, wie ich die Fruchtblase leicht nach aussen drücken konnte.
Ich legte mich wieder aufs Bett (wieder in Seitenlage, diesmal das rechte Bein in der Luft angewinkelt selber haltend) und liess mir meine Vermutung von Lior bestätigen. Also drückte ich beim nächsten Mal einfach mehr mit und in der übernächsten Wehe ging ich aufs Ganze und presste richtig fest mit, obwohl ich noch immer nicht das Bedürfnis verspürte danach.
Mit einem Plopp platzte die Fruchblase und machte uns alle gleichermassen nass. Barbara sagte leise "punkt elfi, d Fruchtblose isch offe" und sogleich spürte ich starken Pressdrang und presste einfach weiter, 3 Presswehen nacheinander, presste ich ohne Pause weiter. Barbara meinte "d Wehe isch verbi, hör uf zpresse", ich rief aber zurück "nix da verbi, die nächscht isch scho do, i mues witerpresse!"

Ich hob den Kopf und sah ein kleines Menschlein zwischen meinen Beinen liegen, ganz schrumpelig, mit Käseschmiere bedeckt und ganz blau. Barbara gab mir das Hämpfeli auf den Bauch, wo es auf Höhe meines Bauchnabels zu liegen kam. Da ich wieder eine sehr kurze Nabelschnur hatte, konnte ich es nicht höher nehmen. Das Kindli lag ganz ruhig da, atmete schon schön und hatte nur 2 Mal kurz gejammert, als Barbara es mir auf den Bauch legte. Ich war völlig überwältigt und auch unglaublich erleichtert und spürte, wie sofort alle Anspannung von mir fiel. Die Tränen flossen plötzlich in Strömen, ich hatte einen richtigen Heulkrampf und das Kleine hüpfte nur so auf meinem Bauch herum. Mir wurde bewusst, dass ich bis zum Platzen der Fruchtblase nicht daran geglaubt hatte, dass ich das Kindli mit diesen Wehen gebären könnte. Nun, da es da war, schüttelte es mich nur so durch und meine Gefühle fuhren Achterbahn.
Nach ca. 10 Minuten fiel mir plötzlich ein, das wir noch gar nicht wussten, was wir da produziert hatten. Auch die Hebis hatten nicht nachgeschaut und so begann die Suche unter den Decken und zwischen den Beinen, Armen und der Nabelschnur. Das war gar nicht so einfach, aber schliesslich waren sich mein Mann und eine Hebi einig, dass es sich um ein Mädel handelt! Nach Prinz also eine Prinzessin

Die Nachgeburt kam gleich danach, um 11.16 Uhr, problemlos und vollständig. Nachdem die Nabelschnur auspulsiert hatte, schnitt ich sie selber durch und konnte das Meitli endlich höher zu mir nehmen, sie genau anschauen und an ihr riechen. Ich fühlte mich einfach nur wunderbar, zuhause in meinem eigenen Bett, mit meinem Mann und unserem neuen Meitli.
Nachdem Barbara gesehen hatte, dass ich keine Geburtsverletzungen hatte, ging ich duschen, während mein Mann die Kleine in seinen Armen beschnuppern durfte und Barbara das Bett frisch bezog. Danach legten wir uns wieder ins Bett und genossen unsere Kleine.
Lior verabschiedete sich schon mal und Barbara räumte noch alles auf. Danach kam die Kleine dran, wurde gewogen und vermessen und angeschaut.
Wir haben ein kerngesundes kleines Mädchen mit 3360g, 49cm und 35cm Kopfumfang. Wir sind unendlich dankbar, konnten wir 2 Mal spontan und schnell schwanger werden, eine jeweils bis auf die Vorwehen gute Schwangerschaft haben und beide Male eine spontane Traumgeburt erleben.
Die Hausgeburt war genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte, harmonisch, ruhig, traumhaft. Ich fühlte mich, auch dank meiner 3 tollen Helfer, in jeder Sekunde wohl und geborgen und würde immer wieder so gebären wollen.