Eheschutzverfahren

Wer kennt sich aus?

Moderator: conny85

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Miss_Mommy
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Eheschutzverfahren

Beitrag von Miss_Mommy »

Liebe Swissmoms

In meinem Bekanntenkreis kam es vor einem Jahr zur Trennung. Durch die Trennungsvereinbarung waren die Zahlungen fix geregelt sowie auch die Betreuungszeit des gemeinsamen Kindes (7). Ich würde sagen der Vater nimmt seine Verpflichtung wahr. Er zahlt nach wie vor alle Fixkosten und betreut das Kind sehr oft. Sie ist bereits wieder in einer Partnerschaft, leben aber nicht zusammen Nun hat sie durch einen Anwalt einen Vorschlag unterbreitet, der finanziell absolut frech ist und nicht einkalkuliert, dass sie ja eigentlich 50% arbeiten müsste. Mein Bekannter hat dem nicht zugestimmt sondern eine Prüfung durch seinen Anwalt mitgeteilt. Jetzt hat sie, ohne die Antwort abzuwarten, das Eheschutzverfahren eingeleitet.

Wer kennt sich mit dem Eheschutzverfahren aus? Wird das Gericht alles prüfen und auch berücksichtigen, dass die Betreuung des Kindes bei quasi 50:50 liegt und eine Arbeitstätigkeit absolut zumutbar ist?

Und jetzt aus reiner Neugier: Warum tut man sowas? Nebst dessen, dass es nur Kosten generiert, warum gibt es nach wie vor Frauen, die ihre Männer einfach aussaugen wollen statt selber Verantwortung für sich zu übernehmen und ihre Handlungen?

Freue mich auf den Austausch :mrgreen:

rose02
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Re: Eheschutzverfahren

Beitrag von rose02 »

Hier mal einen Link: https://schaubhochl.ch/wp-content/uploa ... sstdas.pdf Ich denke das wird dir einige Fragen beantworten... ;-)

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danci
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Re: Eheschutzverfahren

Beitrag von danci »

@ Miss Mommy
Das Gericht wird alle Umstände prüfen und würdigen. Vielleicht allerdings nicht zum gleichen Schluss kommen, wie er oder Du denkst, denn Dinge wie "fair", "frech", "aussaugt" etc. sind sehr auslegungswürdig. ;-) Dass sie mind. 50% arbeiten müsste, wird auch berücksichtigt, dies jedoch wohl nach einer Übergangszeit, sofern nicht besondere Umstände bestehen.
Eine Eheschutzgesuch leitet man aber zur Sicherheit ein. Eine private Vereinbarung ist kaum etwas wert und die Rückwirkung eines Gesuches sind begrenzt. Im Übrigen ist ein langes feilschen unter Anwälten oftmals teurer als ein Eheschutzverfahren, v.a. wenn das Geld knapp ist und sie oder beide einen Anspruch auf die unentgeltliche Rechtspflege haben, muss man fast vor Gericht. Das Gericht wird auch noch versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden.

Warum Frauen das machen? Nun, das ist einiges schwerer zu beantworten. Warum entscheiden sich die allermeisten Paare in der Schweiz dazu, dass der Mann voll arbeitet und die Frau gar nicht oder nur Teilzeit? Warum machen Frauen derart berufliche Abstriche für die Kinder? Warum die Männer nicht? Warum überlassen Männer den Grossteil der Erziehungsarbeit den Frauen? Und nun die Hauptfrage: Soll man und wenn ja, wie, das nach einer Trennung ändern? Ganz böse gesagt: "Sich eine Hausfrau zu leisten, kann bei einer Trennung sehr teuer kommen", aber das weiss man ja eigentlich im Voraus....
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Sunne12
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Re: Eheschutzverfahren

Beitrag von Sunne12 »

Ich finde Danci hat ein paar gute Reflexionsfragen in die Runde geworfen....! Vielleicht was für dein Bekannter dabei?!
Allgemein würde ich als Aussenstehende sehr vorsichtig sein, mit der Beurteilung der Situation.
Wenn du meinen Ex-Mann befragen würdest, wäre er auch der typische arme, zahlende ....träger. Und glaube mir,es ist fair aufgeteilt! Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt bei allen Berechnungen.
Weshalb ist es relevant,dass die Frau einen neuen Partner hat? Soweit ich weiss,hat das erst bei langjährigem Konkubinat Einfluss auf den Unterhalt. Es zu erwähnen deutet eher darauf hin,dass man es ihr nicht gönnen mag....

Miss_Mommy
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Re: Eheschutzverfahren

Beitrag von Miss_Mommy »

@Danci
Danke für deine Ausführung. Das heisst beim Eheschutzverfahren entscheidet nur das Gericht, unabhängig was die Parteien wollen?

Da stimme ich dir zu. Ein solches Modell hat nicht nur positive Seiten. Für mich war es nie Thema mich finanziell von meinem Partner abhängig zu machen, schon gar nicht mit Kindern. Daher war auch bei der Trennung klar, dass ich keinen Anspruch geltend mache. Mir war wichtig, dass jeder zu 50% finanziell für die Kinder sorgt. Und dies obwohl der Betreuungsaufwand hauptsächlich bei mir liegt.

@Sunne12
Auch das ist korrekt. Solche Situationen sind immer aus mehreren Blickwinkel zu betrachten. Wahrscheinlich fühle ich mich hier getriggert, weil für mich Unabhängigkeit im Fokus steht auch in einer Partnerschaft.
Es besteht die Absicht, dass sie mit dem Partner zusammenwohnt. Wir gönnen es ihr alle und hoffen stark, dass es lange hält!

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danci
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Re: Eheschutzverfahren

Beitrag von danci »

@ Miss_Mommy
Das Gericht versucht, eine Einigung zwischen den Parteien zu finden und entscheidet nur, wenn keine solche gefunden werden kann. Dabei orientiert es sich grundsätzlich an den Anträgen beider Parteien, ist aber gerade im Hinblick auf die Kindesbelange auch frei, etwas drittes zu entscheiden, wenn das dem Kindeswohl am Besten dient. Geregelt werden im Eheschutzverfahren üblicherweise: die Obhut des Kindes (also, wo es wohnt), die Betreuung/Besuchsrecht des anderen, Alimente und wer in der Familienwohnung bleibt.

Was die Betreuung angeht, ist es aber ohnehin so, dass die direkte Absprache zwischen den Eltern vorgeht. Wenn also nur so als Beispiel das Gericht entscheidet, dass das Kind immer am Donnerstag Abend zum Vater kommt und da übernachtet, aber die Eltern beide gemeinsam finden, dass es besser ist, wenn es den Mittwochnachmittag beim Vater verbringt und bei der Mutter schläft, dann können sie das machen, wie sie wollen. Die gerichtliche Anordnung gilt nur dann, wenn sie sich nicht einig sind.

Etwas anders sieht es beim finanziellen aus. Dort ist der Kinderunterhalt grundsätzlich vorgeschrieben. Wenn man ihn abändern will, muss man im Streitfall erneut vor Gericht, ist man sich einig, braucht es eine schriftliche Vereinbarung, die von der KESB genehmigt wird. Macht man das nicht, so kann zwar z. Bsp. die Mutter sagen, es sei schon ok, dass der Vater 200.- weniger bezahlt, aber letztlich kann sie es immer nachträglich einfordern. Da besteht natürlich ein grosses Risiko. Beim sogenannten Ehegattenunterhalt, also das, was er für sie bezahlt, kann man das Urteil einvernehmlich unter sich frei abändern. Natürlich empfiehlt sich eine schriftliche Vereinbarung.



Ich bin wie Du, eine finanzielle Abhängigkeit wäre für mich schlimm, gleich wie es mich sehr stressen würde, Alimente bezahlen zu müssen. Aber es wählen nun mal nicht alle den gleichen Weg. Und weil es gerade für die meisten doch sehr bequem ist, wenn die Frau (mehrheitlich) zu Hause ist und man sich dies gönnt, so finde ich es dann auch schwierig, sich das bei einer Trennung nicht vorhalten lassen zu wollen.

Was mir noch in den Sinn kommt: Dieses Prinzip "er zahlt alle Fixkosten" etc. ist auf die Dauer nicht gut. So trennt man sich wirtschaftlich nicht, was immer zu Spannungen führt. Ich möchte auf jeden Fall nicht in der Angst leben, dass der Mann dann einfach meine Miete nicht bezahlt, wenn ich nicht das tue, was er will. Es braucht einen klaren Betrag, den jede Seite hat und davon sollte diese die Kosten übernehmen. So wissen beide, woran sie sind. Ich würde daher das Verfahren eher als Chance sehen, das zu regeln, als als Affront ihm gegenüber.
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Re: Eheschutzverfahren

Beitrag von Miss_Mommy »

@Danci
Das heisst das Gericht prüft die Anliegen der Parteien und prüft diese. Im Anschluss entscheidet das Gericht. Das kann ja je nach dem das Konfliktpotenzial mindern, wenn einfach von "oben" entschieden wird.
Wie lange ist der Entscheid des Gerichtes verbindlich? Und vorallem, wie schnell gibt es überhaupt einen Entscheid? Wer trägt die ganzen Kosten?

Die Zahlung der Fixkosten wurde offensichtlich in der Trennungsvereinbarung festgelegt. Also kann er, meiner Meinung nach, diese nicht einfach nicht bezahlen oder? Das Schriftstück ist ja verbindlich für beide Parteien. Problem ist eher, was sind Fixkosten und was nicht...

Genau. Ich möchte weder das eine Extrem noch das Andere. Vor allem auch weil Ehen heute nicht mehr für immer ausgelegt sind.

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danci
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Re: Eheschutzverfahren

Beitrag von danci »

Miss_Mommy hat geschrieben: Di 26. Jan 2021, 11:00 @Danci
Das heisst das Gericht prüft die Anliegen der Parteien und prüft diese. Im Anschluss entscheidet das Gericht. Das kann ja je nach dem das Konfliktpotenzial mindern, wenn einfach von "oben" entschieden wird.
Ja, das ist sogar oft der Fall.
Miss_Mommy hat geschrieben: Di 26. Jan 2021, 11:00 Wie lange ist der Entscheid des Gerichtes verbindlich?
Solange er nicht durch einen neuen Abänderungsentscheid geändert oder aufgehoben wird, ein Scheidungsurteil vorliegt oder die Parteien wieder zusammenziehen (ist zwar selten, gibt es aber natürlich auch). Ein Eheschutzentscheid regelt das Getrenntleben. Werden die Ehegatten geschieden oder leben sie wieder zusammen, erübrigt sich der Entscheid automatisch. Bei veränderten Verhältnissen kann man ihn abändern, dann wir der alte gerichtlich aufgehoben.
Miss_Mommy hat geschrieben: Di 26. Jan 2021, 11:00 Und vorallem, wie schnell gibt es überhaupt einen Entscheid?
Das ist sehr unterschiedlich, auch je nach Kanton. Hier bei uns circa 2-3 Wochen nach der Verhandlung. Diese findet ca. 2-3 Monate nach Gesuchseinreichung statt.
Miss_Mommy hat geschrieben: Di 26. Jan 2021, 11:00 Wer trägt die ganzen Kosten?
Grundsätzlich jeder selber (jeder seine Anwaltskosten und die Gerichtskosten halbiert). Kann es einer nicht bezahlen, muss aber der andere dafür aufkommen aufgrund der ehelichen Beistandspflicht. Können es beide nicht bezahlen, gibt es die unentgeltliche Rechtspflege.
Miss_Mommy hat geschrieben: Di 26. Jan 2021, 11:00 Die Zahlung der Fixkosten wurde offensichtlich in der Trennungsvereinbarung festgelegt. Also kann er, meiner Meinung nach, diese nicht einfach nicht bezahlen oder? Das Schriftstück ist ja verbindlich für beide Parteien. Problem ist eher, was sind Fixkosten und was nicht...
Eine private Trennungsvereinbarung ist nur solange gültig, bis einer erklärt, er wolle sie so nicht mehr wie hier durch Einreichung eines Eheschutzgesuches. Aber wie Du schreibst, fängt es schon da an: Was sind Fixkosten? Und wer entscheidet, wie hoch diese sein dürfen? Wenn er alle bezahlt, darf sie die Krankenkasse wechseln? Oder umziehen, auch wenn die neue Wohnung 100.- teurer ist? Oder darf er entscheiden, dass sie umzieht, weil eine neue günstiger ist und er neu nur noch 1'500 anstatt 1'600 bezahlen will? Du siehst, sehr sehr schwierig und langfristig nicht wirklich umsetzbar.
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Re: Eheschutzverfahren

Beitrag von Miss_Mommy »

@Danci
Vielen Dank für deine Ausführungen.
Ich bin gerade ziemlich froh, dass mir das alles erspart geblieben ist :-)

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